Forschung - 30.09.2025 - 08:30
Ein heisser Sommer, ein Jahrhundert-Hochwasser, ein Sturm, der Häuser zerstört: Extreme Wetterereignisse nehmen mit dem Klimawandel zu und sie verursachen jährlich weltweit Kosten von Dutzenden Milliarden. Führen persönliche Erfahrungen mit den Folgen des Klimawandels zu mehr Unterstützung für Klimapolitik? Eine internationale Studie veröffentlicht in Nature Climate Change mit HSG-Beteiligung zeigt: Nicht das blosse Erleben solcher Ereignisse zählt, sondern wie sie gedeutet werden. Entscheidend ist, ob Menschen die Wetterextreme dem Klimawandel zuschreiben.
«Nur weil jemand ein Wetterextrem erlebt hat, bedeutet das also nicht automatisch, dass er auch politische Massnahmen für den Klimaschutz unterstützt», sagt HSG-Assistenzprofessorin Jamie Gloor, Co-Autorin der Studie. «Obwohl ich Wirtschaftspsychologin bin, hat mich diese Erkenntnis überrascht.»
Gloor arbeitete für die Studie mit 241 Forschenden weltweit zusammen. Diese trugen Daten aus 67 Ländern zusammen und befragten dafür über 71'000 Personen. «Diese Grösse macht die Studie besonders. Sie stellt zudem weitreichende Fragen, die anhand eines globalen Datensatzes analysiert werden», sagt Gloor, die mit Jana Freundt (Hochschule Luzern) für die Datenerhebung in der Schweiz verantwortlich war.
Das Forschungskonsortium hinter diesem Datensatz, an dem 179 Forschungsinstitutionen beteiligt sind, wurde 2022 von Victoria Cologna, damals Forscherin in Harvard, und Niels Mede (Wageningen Universität), gegründet. Der komplette Datensatz ist online frei zugänglich und mit einem interaktiven Tool erkundbar. Das Forschungskollektiv hat anhand der Daten z.B. auch bereits untersucht, wie es um das Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft steht.
Die vorliegende Studie zur Klimapolitik zeigt folgende, zentrale Ergebnisse:
• Breite Zustimmung weltweit: In allen Ländern unterstützen Mehrheiten Massnahmen wie Waldschutz, erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität. Deutlich kritischer wird hingegen die Besteuerung klimaschädlicher Lebensmittel oder fossiler Energien gesehen.
• Interpretation wichtiger als Erfahrung: Nur bei denjenigen Menschen, die Wetterextreme dem Klimawandel zuordnen, steigt im Nachgang auch die Unterstützung für politische Massnahmen deutlich.
«Die Studie zeigt, dass nicht allein die Realität der Extremereignisse Klimapolitik vorantreibt, sondern die Interpretation dieser Realität. Für Politik, Medien und uns Wissenschaftler:innen ist das eine klare Botschaft: Nur wer Zusammenhänge plausibel erklärt, schafft eine Grundlage für Handeln», so Gloors Fazit.
Die Autor:innen weisen aber auch auf Grenzen der Studie hin: Die Daten stammen von einem einzigen Zeitpunkt. Zudem bleibt in der Untersuchung offen, wie Medienberichterstattung und öffentliche Debatten beeinflussen, ob Menschen ein Ereignis als Folge des Klimawandels deuten. «Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der Medien sich auch mit einer grossen Zahl von wissenschaftlich nicht belegten Behauptungen über das Wetter, den Klimawandel und die Rolle des Menschen dabei konfrontiert sehen», sagt Gloor.
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