Forschung - 09.12.2025 - 12:07
Das Projekt von Marta Domínguez Díaz trägt den Titel «Muslim-Jewish Bridges: The Endurance of Iberian Heritage in the Modern Maghrib (late 17th–late 20th Centuries)». Es beginnt 2026 und ist auf fünf Jahre angelegt. Ein multidisziplinäres Team von Historikerinnen und Historikern sowie Anthropologinnen und Anthropologen nutzt mehrsprachige Quellen und Hintergründe (Arabisch, Hebräisch, Judäo-Arabisch, Judäo-Spanisch, Türkisch, Spanisch, Katalanisch, Französisch, Englisch und Italienisch). Geplant sind Archivrecherchen sowie Interviews mit Angehörigen der betroffenen Communities in Tunesien, Algerien, Marokko, Israel, Argentinien, Frankreich, Spanien sowie weiteren Ländern Europas und des Nahen Ostens.
Das Projekt konzentriert sich auf die verflochtenen Geschichten zweier bedeutender Minderheiten Nordafrikas, die zu unterschiedlichen Zeiten von der Iberischen Halbinsel vertrieben wurden: die Andalusier, Muslime iberischen Ursprungs, die sich vor allem in der Frühen Neuzeit im Maghreb niederliessen, und die sephardischen Juden, die überwiegend im Mittelalter aus Iberien vertrieben wurden. Untersucht werden ihre Interaktionen von der Phase ihrer Ansiedlung im Maghreb bis zur Zeit der gross angelegten Abwanderung jüdischer Gemeinschaften aus der Region im 20. Jahrhundert.
Die Studie untersucht ihre gemeinsamen «sozialen Welten» und legt Formen von Konflikt und Koexistenz offen. Indem die Gruppen als integraler Teil des weiteren gesellschaftlichen Gefüges verstanden werden, wird auch die Rolle anderer sozialer und politischer Akteure bei der Ausgestaltung dieser Beziehungen analysiert – von regionalen und imperialen Mächten bis hin zu kolonialen und postkolonialen Regierungen.
Die Beziehungen zwischen diesen Gruppen hatten einen erheblichen Einfluss auf die Communities des Maghreb und auf muslimisch-jüdische Beziehungen weltweit – Wirkungen, die bis heute spürbar sind.
Marta Domínguez Díaz forscht seit 2013 zu den andalusischen Gemeinschaften im Maghreb. Dabei stellte sie fest, dass diese historisch oft engere Beziehungen zu sephardischen Juden pflegten als zu anderen Gruppen. Obwohl diese Beziehungen von Konflikten geprägt waren, wollte Domínguez Díaz verstehen, weshalb diese beiden Gemeinschaften immer wieder zueinander fanden. Der Zugang zu zahlreichen, bislang kaum erschlossenen privaten und staatlichen Archivbeständen machte es ihr möglich, dieses Forschungsprojekt zu realisieren.
Sie geht davon aus, dass ihre Forschung die Komplexität der sozialen Beziehungen zwischen den Gruppen sichtbar machen wird. Zugleich hofft sie, Beispiele aufrichtiger Kameradschaft und Verbundenheit zu finden und aufzuzeigen, dass neben religiösen Faktoren auch soziale Lage und Geschlecht eine ebenso wichtige Rolle bei der Prägung dieser sozialen Welten spielten.
Dr. Marta Domínguez Díaz untersucht mit einem anthropologischen Ansatz insbesondere Minderheiten in Nordafrika und Westeuropa. Sie ist Autorin des kürzlich erschienenen Buches «Tunisia’s Andalusians: The Cultural Identity of a North African Minority» (auf Deutsch: «Die Andalusier Tunesiens: Die kulturelle Identität einer nordafrikanischen Minderheit»).
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