Campus - 18.05.2020 - 00:00
18. Mai 2020. Das Frühjahrssemester neigt sich langsam dem Ende zu und die Sommerferien stehen kurz bevor. Während die einen in dieser vorlesungsfreien Zeit diverse Praktika im In- und Ausland absolvieren werden, geniessen die anderen ihre Zeit beim Reisen oder bei der Familie. Doch oft bleibt die eigene Wohnmöglichkeit in St.Gallen über mehrere Monate hinweg unbenutzt, obwohl die Fixkosten dafür trotzdem anfallen. Was aus volkswirtschaftlicher Sicht eine reine Ressourcenverschwendung ist, wurde für das HSG Startup «CampusAir» ihr Geschäftsmodell.
Im Interview erzählt Nicolò Morabito, Founder von «CampusAir», wie ihn die HSG bei der Gründung inspiriert hat, welche rechtlichen Herausforderungen bei der Untervermietung bestehen und wie zentral die Themen Sicherheit und Hygiene dabei sind.
An der HSG sind während der vergangenen Jahre weit über 100 Startups entstanden, darunter einige bekannte Namen. Nicolò, was war deine Inspiration zur Gründung von «CampusAir»?
Die Idee, einen Service in St.Gallen anzubieten, der die Untervermietung über diverse Plattformen, wie z.B. Airbnb, im Rahmen eines all-Inclusive Pakets für Studierende übernimmt, hatte ich schon eine Weile. Die tatsächliche Inspiration zur Gründung von «CampusAir» habe ich allerdings ganz klar der Universität St.Gallen und ihren mannigfaltigen Angeboten zur Unterstützung von Gründungsinteressierten zu verdanken. Damit meine ich vor allem die Angebote innerhalb des Curriculums und insbesondere die Kurse des Masterprogramms in Unternehmensführung (MUG) mit Schwerpunkt auf Unternehmertum und Family Business.
Konkreter gesagt ist «CampusAir» im Rahmen des Pflichtkurses «Praxisprojekt Entrepreneurship und Family Business» entstanden, in dem die Studierenden zwei Semester lang mit ihren eigenen Ideen an den Markt gehen. Unsere Gruppe hat dabei ein Problem festgestellt, dass fast alle Studierenden an der HSG teilen: Wir alle verlassen St.Gallen ständig, sei es am Wochenende, im Break oder in den Sommerferien und zahlen währenddessen unseren Mietzins. Da macht eine Untervermietung über Airbnb viel Sinn, aber das ist leider nur möglich, wenn jemand vor Ort ist und das sowohl flexibel, als auch zuverlässig abwickelt. Die anderen Dienstleister der Branche sitzen meist nicht in St.Gallen, fokussieren sich ausserdem auf Immobilienbesitzer und wenn man es selbst versucht, klappt es nicht oder kostet viel Zeit und Nerven. Deshalb bieten wir mit «CampusAir» eine Lösung von Studierenden für Studierende an, die all dies erledigt und übernehmen dabei von der Erstellung des Inserats, über die Gästebetreuung, bis hin zu der Reinigung alles. Wenn die Studierenden hinterher in ihre Unterkunft zurückkommen, ist alles wie vorher, ausser eben der zusätzliche Zahlungseingang auf dem Konto. Wir sind immer wieder stolz darauf, etwas anbieten zu können, was unseren Kommilitonen zu einem Einkommen ohne Aufwand verhilft bzw. in den meisten Fällen den gesamten Mietzins einspart.
Um bei der Umsetzung einer Idee die richtigen Denkweisen und rahmengebenden Ansätze zu verfolgen, unterstützt einen die Universität St.Gallen in vielen Kursen und ebenfalls ausserhalb der Vorlesungen. Dadurch durften wir im Rahmen des oben beschriebenen Kurses, dem «Praxisprojekt», bei Dr. Fust oder auch im Kurs «Entrepreneurship» von Professor Thomas Zellweger neben wertvollem Coaching auch vom HSG-Netzwerk profitieren. Hier wird der Lean Startup Ansatz eben nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt.
Welche rechtlichen Herausforderungen bestehen bei der Untervermietung von Studentenwohnungen?
Das Schweizer Mietrecht ist sehr mieterfreundlich. Das betrifft auch die Passage zur Untervermietung gem. Artikel 262 OR, die unserem Geschäftsmodell zugrunde liegt. Es handelt sich hierbei nämlich um eine relativ zwingende Bestimmung zugunsten der Mieterschaft, da der Vermieter der Untervermietung zwar zustimmen muss, diese Zustimmung allerdings nur aus drei Gründen verweigert werden könnte und diese treffen bei keinem Studierenden zu, welcher unsere Dienstleistung in Anspruch nimmt (Art. 262 Abs. 3 OR). Die vorherige Zustimmung ist auch keine Voraussetzung für das rechtlich wirksame Zustandekommen des Untermietvertrags. Wir empfehlen unseren Kommilitonen trotzdem immer eine freundliche Absprache mit dem Vermieter, zur Wahrung eines positiven Mietverhältnisses.
Wie funktioniert die Handhabung mit persönlichen Gegenständen in der Wohnung? Sind die Studierenden durch «CampusAir» abgesichert?
Die Studierenden sind sogar in doppelter Hinsicht lückenlos abgesichert und das auch noch viel besser als bei einer selbstorganisierten, längeren und weniger profitableren Untermiete. Entstehen den Studierenden einerseits Schäden an ihrem Eigentum, wie Möblierung oder persönlicher Gegenstände, greift ausnahmslos und bei jeder Buchung die «Gastgeber-Garantie» von Airbnb mit bis zu 900’000 CHF Gesamtsumme. Sollten andererseits Ansprüche durch Schäden am Eigentum Dritter, wie z.B. der Immobilie des Vermieters entstehen, werden die Studierenden von Airbnb durch die «Versicherung zum Schutz von Gastgebern» abgedeckt. Im Vergleich zu einer selbstorganisierten Untervermietung bedeutet das, dass die Betreibung des Gastes bei Schäden von Airbnb übernommen wird und Airbnb ausserdem sofort für potentielle Schäden zahlt. Es ist einfach angenehmer, einen Vertrag mit dem liquidem Partner Airbnb zu haben, als mit einem unbekannten Gast, über dessen finanzielle Situation man nichts weiss. Da die Sicherheit der Studierenden, ihres Eigentums und der Immobilie unsere oberste Priorität ist, werden wir im Rahmen unseres Services auch präventiv tätig und so wird zum Beispiel auch jeder Gast auf seine Identität und Seriosität überprüft. Ausserdem bieten wir den Studierenden an, persönliche Gegenstände, die sie nicht in der Unterkunft lassen möchten, zu verstauen. Wenngleich dies alles sauber abgesichert ist, sind wir dennoch froh, dass wir auch bei über 600 abgewickelten Buchungen noch keinen Gebrauch dieser Sicherheiten machen mussten.
Hygiene ist generell ein wichtiger Punkt bei der Untervermietung. Wie wird die gesamte Reinigung organisiert und verwendet ihr beispielsweise eigene Bettwäsche?
Die Hygiene nehmen wir genauso ernst wie die Sicherheit, damit sich sowohl die Studierenden als auch die Gäste mit unserem Service rundum wohlfühlen. Da wir mit «CampusAir» einen all-inklusiv Service anbieten, ist die Hygiene und alles, was mit ihr zu tun hat, natürlich inbegriffen. Die Bettwäsche, Handtücher und andere Haushaltstextilien der Studierenden werden gar nicht verwendet. Diese werden während der Untermiete verstaut, während die Gäste unsere standardisierten Bettwäschen, Bettbezüge, Bettlaken, Kissen, Kissenbezüge, Handtücher, etc. verwenden. Das schätzen nicht nur die Studierenden, sondern auch die Gäste geben uns Bestbewertungen, was die Sauberkeit angeht. Ausserdem wird die gesamte Unterkunft vor und nach jeder Buchung gründlich gereinigt und desinfiziert. Überdies übernehmen wir die Kosten für Kehrrichtsäcke, Toilettenpapier, Küchenrollen, Spülmittel, Waschmaschinentabs und alles, was noch dazugehört, für den Fall, dass die Vorräte der Studierende nicht ausreichen sollten. Die meisten Studierenden freuen sich bei ihrer Rückkehr nicht nur über das zusätzliche Einkommen, sondern ebenfalls über die besonders saubere Unterkunft.
Die Universität St.Gallen (HSG) fördert unternehmerisches Denken und unterstützt Studierende auf dem Weg zum Unternehmer und zur Unternehmerin. Weitere Infos unter Startup@HSG.
Sascha Duric ist Konversationskursleiter für Schweizerdeutsch sowie für Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch und Serbisch (BKMS) am Sprachenzentrum der Universität St.Gallen und studiert Rechtswissenschaften im Master-Programm.
Bild: photocase / Eliza
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