Forschung - 01.12.2022 - 10:35
Wenn es um politische Massnahmen zur Überwindung der Energiekrise geht, so unterstützt eine Mehrheit der Befragten die jüngsten Entscheidungen des Schweizer Parlaments zur Verbesserung der Bedingungen für Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie. Die Studie wurde von der Universität St.Gallen (HSG) in Zusammenarbeit mit Raiffeisen Schweiz, AMAG und EnergieSchweiz durchgeführt.
Mit griffigen Schlagzeilen wie «Wärmepumpen sind das neue Klopapier» wird das steigende Interesse der Hausbesitzer in der Energiekrise mit den Reaktionen der Konsument:innen zu Beginn der Covid-19-Pandemie verglichen. Wie die 12. Ausgabe des jährlichen Kundenbarometers erneuerbare Energien der HSG zeigt, ist die Schweiz in dieser Hinsicht keine Ausnahme.
Im Jahr 2021 hat das Kundenbarometer ein aufstrebendes Segment von «Early Electrifiers» identifiziert, d.h. von Hausbesitzern, die an der Kombination verschiedener Energietechnologien interessiert sind. Dieser Trend hat sich vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der aktuellen Energiekrise noch verschärft. Die Liste der beliebtesten Technologien wird von der Photovoltaik angeführt. 38% der Hausbesitzer geben an, dass sie in den nächsten drei Jahren in Photovoltaik investieren wollen, davon 16% in den nächsten 12 Monaten. 17% aller Befragten geben an, dass sie in den nächsten drei Jahren ein Elektroauto kaufen wollen. Die Hauptgründe für Investitionen in Photovoltaik, Wärmepumpen und Elektroautos sind der Klimaschutz und der Wunsch nach Unabhängigkeit. Letzteres ist der wichtigste Treiber für die Anschaffung von Batteriespeichern. 87% der «Early Electrifiers» geben an, dass die meisten Menschen in ihrem Umfeld eine positive Einstellung zu diesen Technologien haben, was die Bedeutung von Peer-Effekten bei Investitionsentscheidungen unterstreicht.
Bei der Elektromobilität deutet das Kundenbarometer auf eine Verschiebung von Plug-in-Hybriden zu reinen batterieelektrischen Fahrzeugen hin. 70% der Befragten, die sich kürzlich für ein Elektroauto entschieden haben, sind rein elektrisch unterwegs. Wasserstoffautos haben einen vernachlässigbaren Marktanteil. Unter denjenigen, die mehr als ein Auto besitzen, geben drei Viertel der Befragten an, dass sie ihr Elektroauto als Hauptfahrzeug nutzen. 74% der Besitzer von Elektroautos verfügen über eine eigene Ladestation, was die grosse Bedeutung des Ladens zu Hause unterstreicht. Unter Mieter:innen wird die fehlende Möglichkeit, eine Ladestation auf dem eigenen Parkplatz zu installieren, immer noch als Hindernis für den Kauf eines Elektroautos angesehen.
Emotionen spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für den Erwerb von Energietechnologien.
Im Falle der Photovoltaik überwiegen die positiven Gefühle. 45% der Befragten empfinden Neugierde, wenn sie an Solarenergie denken, während 23% ihre Freude darüber zum Ausdruck bringen. Ähnliche Muster, wenn auch in geringerem Ausmass, gibt es bei Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen. Andererseits äussert eine kleine Gruppe von Befragten negative Emotionen gegenüber Elektroautos: 11% sagen, dass sie Angst empfinden, und 12% sind wütend auf Elektroautos.
Seit 2015 werden die Befragten gebeten, die Fortschritte der Schweizer Energiewende zu bewerten. Ähnlich wie vor der Krise wünscht sich dieses Jahr ein stabiler Anteil von 63% der Befragten eine Beschleunigung der Energiewende. Andererseits ist der Anteil der Befragten, die sich über den richtigen Weg unsicher sind, gestiegen: 19% sind der Meinung, dass die Energiewende zu schnell voranschreitet. Bei der Bewertung der Ursachen der aktuellen Krise herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass die drei wichtigsten Faktoren der Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Abhängigkeit der Schweiz von Energieimporten und die mangelnden Fortschritte beim Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energieerzeugung sind. Die drei Massnahmen mit der höchsten Zustimmung zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen sind beschleunigte Planungsverfahren für Wasser- und Windkraft, zusätzliche finanzielle Unterstützung für den Einsatz erneuerbarer Energien und steuerliche Anreize zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Dagegen ist der Bau neuer Gaskraftwerke die Massnahme mit der geringsten Zustimmung. Sie wird nur von 17% der Befragten (eher) befürwortet.
An der Studie 2022 arbeiteten seitens HSG Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen, Dr. Elizabeth Côté, Dr. Beatrice Petrovich und Julia Loder. Die detaillierten Studienergebnisse, Infografiken sowie weitere Informationen finden Sie unter: kuba.iwoe.unisg.ch
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