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Hans Christoph Binswanger Fellowship und Preis

Die Universität St. Gallen schreibt das Hans Christoph Binswanger Fellowship und damit verbunden den Hans Christoph Binswanger Preis aus. Diese richten sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus Sozial- und Geisteswissenschaften und erinnern an die Bedeutung der Ökonomik als dem Leben dienende Wissenschaft.

Der Ökonom Hans Christoph Binswanger (1929–2018) war von 1969 bis 1994 Professor für Volkswirtschafslehre an der Universität St.Gallen (HSG) und zählt zu den wichtigsten unorthodoxen Ökonomen des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Binswangers Werk ist stark durch die Vision der HSG geprägt – integratives Denken und Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte waren die Umwelt- und Ressourcenökonomie, Geldtheorie, Geschichte der Wirtschaftstheorie, die Rolle der Landwirtschaft in der heutigen Wirtschaft und die Europäische Integration. Sein Hauptinteresse galt dem Zusammenhang von Ökonomie und Ökologie sowie dem Spannungsfeld zwischen Natur und Geld. Binswanger war überzeugt, dass die moderne Geldwirtschaft einem «Wachstumszwang» und «Wachstumssog» ausgesetzt ist. Sie muss wachsen, weil die finanziellen Gewinne der Unternehmen an Wachstum gekoppelt sind. Ohne Wachstum gerät die Wirtschaft in eine Abwärtsspirale, die schnell in einer Wirtschaftskrise mündet. Doch Wachstumszwang führt zu einem fundamentalen Dilemma, da unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten auf Dauer nicht möglich ist.

Zu Binswangers wichtigsten Werken zählen der «NAWU-Report: Wege aus der Wohlstandsfalle» (1978), «Arbeit ohne Umweltzerstörung» (1983) und das 1985 erschienene Werk «Geld und Magie», eine ökonomische Deutung von Goethes «Faust», der laut Binswanger als Protagonist für die moderne Geldwirtschaft steht. 2006 erschien als eine Art theoretische Synthese das Werk «Die Wachstumsspirale». Binswanger war nicht nur kritisch gegenüber dem Mainstream der Volkswirtschaftslehre, sondern hat in seiner Forschung die Grenzen der eigenen Disziplin immer wieder überschritten. Die gesellschaftliche Relevanz seiner Forschung und deren praktische Umsetzbarkeit waren ihm zeitlebens ein grosses Anliegen. So gilt Binswanger als einer der Väter der Idee einer ökologischen Steuerreform, er engagierte sich aber auch lokal und nahm aktiv am politischen Leben teil.

Fellowship und Preis

Das Hans Christoph Binswanger Fellowship umfasst einen neunmonatigen Forschungsaufenthalt an der Universität St. Gallen und ist mit einer finanziellen Unterstützung von CHF 90.000 dotiert. Die ausgewählte Gewinnerin oder der Gewinner des Fellowships erhält zugleich den Hans Christoph Binswanger Preis. Das Fellowship und der Preis richten sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Sozial- und Geisteswissenschaften. Berechtigt sind Kandidatinnen und Kandidaten, die kurz vor dem Abschluss ihres Doktorats stehen, sich in der Post-Doc-Phase befinden oder eine befristete akademische Position als Nachwuchswissenschaftlerin oder -wissenschaftler innehaben (z.B. Juniorprofessur oder Tenure-Track-Position). Diejenigen, die bereits eine unbefristete akademischen Anstellung innehaben, sind von der Bewerbung ausgeschlossen.

Die Auszeichnung für Fellowship und Preis erfolgt auf Basis einer wissenschaftlichen Arbeit mit integrativem Charakter in den Bereichen, zu denen Hans Christoph Binswanger wesentliche Beiträge geleistet hat:

  • Bedeutung der Natur im Wirtschaftsprozess
  • Funktion und Eigenschaften von Geld im Wirtschaftssystem
  • Diskussion des Wachstumszwangs in modernen Geldwirtschaften
  • ökonomische Deutung massgebender Werke in Literatur, Kunst und Philosophie
  • Vorschläge für den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, unter Berücksichtigung der Wachstumsdynamik moderner Geldwirtschaften

Es können sowohl publizierte als auch unveröffentlichte Arbeiten (Papers oder Monographien) eingereicht werden, die in englischer oder deutscher Sprache verfasst und nicht älter als fünf Jahre sind. Master- oder Bachelorarbeiten sind nicht zugelassen. Besondere Beachtung finden Arbeiten, die durch Originalität und gesellschaftliche Relevanz hervorstechen. Arbeiten von mehreren Autorinnen oder Autoren werden berücksichtigt, sofern alle als Nachwuchswissenschaftlerinnen oder -wissenschaftler gelten. In der Selbsteinschätzung (s.u.) sollten diesbezügliche Angaben gemacht werden. Die Jury behält sich vor, das Fellowship anteilsmäßig an mehrere Nachwuchswissenschaftlerinnen oder -wissenschaftler zu vergeben und die Anteile nach eigenem Ermessen festzulegen.

In der Vergangenheit wurde der Hans Christoph Binswanger Preis bereits dreimal ohne Fellowship vergeben. Frühere Preisträger können sich weiterhin für das Fellowship bewerben. Sollte eine frühere Preisträgerin oder ein früherer Preisträger ausgezeichnet werden, wird nur das Fellowship und nicht der Preis verliehen.

Fellowship und Teilnahme am interdisziplinären Forschungsprojekt Re-Interpreting Freedom

Zwei Drittel der während des Fellowships verfügbaren Zeit sind für die Weiterentwicklung der eigenen Forschung angedacht. Ein Drittel der Zeit ist für die Teilnahme am interdisziplinären Projekt «Re-Interpreting Freedom» vorgesehen, das in Zusammenarbeit mit 6 bis 8 weiteren Fellows an der Universität St.Gallen durchgeführt wird. Dieses breit gefasste Projekt bietet die Möglichkeit, eigene Forschungsschwerpunkte kollaborativ einzubringen. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist der Austausch mit einer interdisziplinären Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und der Aufbau eines entsprechenden Netzwerks.

Bewerbung

Die Bewerbungsunterlagen bestehen aus:

  • Lebenslauf (CV) mit Publikationsliste
  • Zusammenfassung der Ergebnisse der eingereichten Arbeit (1-2 Seiten)
  • Eidesstattliche Erklärung, dass die Arbeit selbständig verfasst wurde (bzw. im Falle von Ko-Autorenschaft, der eigene Beitrag signifikant ist) und nicht älter als 5 Jahre ist
  • Die Arbeit selbst
  • Motivationsschreiben für die Teilnahme am interdisziplinären Projekt «Re-Interpreting Freedom»

Die Bewerbung erfolgt ausschliesslich in digitaler Form via Online-Formular bis zum 30. September 2024 . Die eingereichten Unterlagen werden vertraulich behandelt. 

Die Jury

  • Prof. Dr. Johannes Binswanger, Universität St.Gallen
  • Prof. Dr. Mathias Binswanger, Fachhochschule Nordwestschweiz
  • Prof. Dr. Martin Kolmar, Universität St.Gallen
  • Prof. Dr. Marco Lehmann-Waffenschmidt, TU Dresden
  • Prof. em. Dr. Ernst Mohr, Universität St.Gallen
  • Prof. Dr. Judith Ströhle, Universität St.Gallen

Die Jury trifft ihre Entscheidung in nicht-öffentlicher Sitzung. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Gewinnbenachrichtigung und Preisverleihung

Die Gewinnerin oder der Gewinner wird bis Ende November 2024 benachrichtigt. Die Preisverleihung findet in Rücksprache mit der Gewinnerin oder dem Gewinner in feierlichem Rahmen mit dem St.Gallen Collegium statt.

Kontakt

Anfragen bitte per E-Mail: hcbpreisunisg.ch

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