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Forschung - 26.09.2016 - 00:00 

Nebenwirkungen der Digitalisierung

Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt und ständige Erreichbarkeit im Beruf belasten das Familienleben und wirken sich negativ auf die Gesundheit aus. Das geht aus einer Untersuchung des Center for Disability and Integration an der Universität St.Gallen hervor. Das Marktforschungsunternehmen GfK hat für die Studie mehr als 8000 deutsche Arbeitnehmer im Juli und August 2016 befragt.

27. September 2016. Anlässlich der Präsentation der Studie in Berlin am 27. September 2016 sagte Andrea Nahles (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales: «Der digitale Wandel stellt uns vor neue Herausforderungen. Wenn wir zu guten, langfristig tragfähigen Lösungen kommen wollen, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer diese gemeinsam gestalten. Mit Optimismus und Zuversicht kommen wir da weiter, als wenn wir in Angststarre verfallen: Es gilt, neue Flexibilitätskompromisse zu verhandeln, die sowohl den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt wie auch den familiären und gesundheitlichen Bedürfnissen der Beschäftigten Rechnung tragen. Dieses wichtige Thema treibe ich im Dialogprozess Arbeiten 4.0 weiter voran.»

Nebenwirkungen des digitalen Lebens

«Die Digitalisierung ist voll in der Erwerbsbevölkerung angekommen», sagte Studienleiter Prof. Dr. Stephan Böhm, der am Center for Disability and Integration der Universität St.Gallen arbeitet. Die Unterschiede zwischen einzelnen Berufen und Branchen fielen dabei eher gering aus. Spitzenreiter beim sogenannten Digitalisierungs-Score sind laut Studie IT- und naturwissenschaftliche Berufe mit 62 Prozent. Schlusslicht sind Reinigungsberufe mit immerhin noch 37 Prozent.

Nach Angaben von Studienleiter Prof. Böhm geht die Digitalisierung der Arbeitswelt mit einer Reihe von Herausforderungen einher, darunter Einschlafschwierigkeiten, Kopf- und Rückenschmerzen sowie emotionaler Erschöpfung: «Ausserdem hängen 18 Prozent aller Konflikte zwischen Arbeit und Familie mit der Digitalisierung zusammen.» Insgesamt 23 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich durch ihre Arbeit ausgebrannt fühlten.

Digitalisierungsdruck entgegenwirken

Dennoch steht die Mehrheit der Befragten der Digitalisierung optimistisch gegenüber. Zwischen 51 Prozent in der Gruppe der über 60-Jährigen und 65 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen äusserten sich positiv über den digitalen Wandel. Anhand des gesammelten und ausgewerteten Datenmaterials konnten die Wissenschaftler Verhaltensweisen und Rahmenbedingungen ausfindig machen, die diesen unerwünschten Begleiterscheinungen entgegenwirken: «Flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, Sport, Verzicht auf Diensthandy und Dienstcomputer in der Freizeit und eine gute Beziehung zur Führungskraft gehen einher mit verringerten Arbeits- und Familienkonflikten sowie weniger emotionaler Erschöpfung», sagte Böhm.

Vor allem Führungskräfte und jüngere Berufstätige verspüren laut Studie einen überdurchschnittlichen Digitalisierungsdruck. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust durch Technik nimmt mit zunehmendem Alter ab: Während in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen 27 Prozent der Befragten diese Sorge umtreibt, sind es bei den über 60-Jährigen noch 12 Prozent.

8000 Menschen in Deutschland befragt

Die Studie «Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeit auf die Gesundheit von Beschäftigten» des Center for Disability and Integration der Universität St.Gallen basiert auf einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK. Dabei waren im Juli und August dieses Jahres insgesamt 8019 Teilnehmer befragt worden, darunter Auszubildende, Freiberufler, Beamte, Arbeiter und leitende Angestellte aus verschiedenen Altersgruppen. Die Studienergebnisse sind repräsentativ für die rund 33,3 Millionen Berufstätigen in Deutschland, die während ihrer Arbeitszeit mit Computern arbeiten oder Mobiltelefone nutzen. Die Untersuchung entstand im Auftrag der BARMER GEK in Kooperation mit BILD am SONNTAG. Als Projektpartner ist die Deutsche Telekom dabei.

Bild: misterQM / photocase.de

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