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Campus - 23.12.2025 - 09:00 

Zuversicht teilen: HSG-Kurs bringt Studierende mit Schulen, Polizei und Pflegeheimen zusammen

Wie entsteht Hoffnung und wie lässt sie sich gezielt fördern? Studierende der Universität St.Gallen haben diese Frage in Praxisprojekten untersucht und dabei neue Perspektiven auf gesellschaftlichen Zusammenhalt gewonnen.
HSG-Studierende unterhalten sich.

Im Seminarraum des SQUARE auf dem Campus der Universität St.Gallen sind rund 40 Studierende zusammengekommen. Draussen zieht der Bodenseenebel vorbei, drin sind alle hellwach und etwas nervös – viele Deadlines sind vor den Feiertagen zu meistern. Was die Studierenden an diesem Tag im Bachelorkurs «Positive Futures – Hoffnungs- und Purpose-Werkstatt» von Dr. Andreas Krafft zusammenbringt, passt gut in die Adventszeit: Sie haben sich mit Hoffnung und Zuversicht beschäftigt. Und ausprobiert, wie sich zuversichtliches Denken positiv auf Gemeinwohl sowie Team- und Projektführung auswirken kann. 

Hoffnung methodisch erforschen

Kursleiter Dr. Andreas Krafft lädt zur Abschlusspräsentation ein. Die Devise des Seminars: «Wir leben nicht nur von dem, was wir haben. Sondern vor allem von dem, was wir vorhaben.» Dass die Studierenden in ihrem Kurs mehr vorhatten, als nur Credits nachzujagen, bezeugen ihre Videos, die sie während ihrer Praxisprojekte unter anderem in Schulen, bei der Polizei oder einem Pflegeheim drehen durften. Die Herausforderung, der sie sich dabei gestellt haben: Raus aus der Komfortzone. Und in eine unvertraute Lebenswelt eintauchen, um neue Sichtweisen kennenzulernen. Selbst organisiert in kleinen Gruppen und ausgerüstet mit Theorie und Methodik, die sie im ersten Teil des Kurses kennenlernten.

Zuversicht als Basis für eine funktionierende Gemeinschaft

Der Ansatz des Kurses kombiniert Erkenntnisse der Zukunftsforschung mit positiver Psychologie, um nicht nur über wünschenswerte Zukünfte nachzudenken, sondern auch konkrete Schritte zur Mitgestaltung unserer Gesellschaft zu entwickeln. Die Studierenden lernten so ein Forschungsfeld kennen, das sich mit den Bedingungen für ein gelingendes Leben, Wohlbefinden und positive Zukunftserwartungen beschäftigt. Hoffnung steht im Lehrformat also nicht für «blinden Optimismus» oder eine frohe Gefühlslage. Sie gilt als essentielle Quelle für Lebensmut, Gestaltungsfreude und soziale Verantwortung. Eine «handlungsorientierte, psychologisch fundierte Ressource», die Individuen und Gemeinschaften befähigt, positive Zukunftsbilder zu entwickeln und aktiv zu verwirklichen.

Zusammenarbeit mit Praxispartnern aus der Region

Zu den Praxispartnern zählten im Herbstsemester des Bachelorkurses die Stadtpolizei St.Gallen, das Living Museum der Psychiatrie St.Gallen, das Pflegeheim Heiligkreuz sowie der Jugendtreff Schänis. Weiterhin drei Schulen: Die Primarschule Rorschach, die Buben-Flade St.Gallen, die Steinerschule St.Gallen und die Neue Stadtschule St.Gallen. In gemischten Teams widmeten sich die Studierenden Fragestellungen aus der Praxis, die von kreativer Vermittlung bis hin zu gemeinschaftlicher Stärkung reichten. So entwickelten sie beispielsweise Workshops für Jugendliche und Schulkinder, in denen sie Zukunftsbilder oder eine «Wall of hope» für ihr Leben zusammenstellten. Weiterhin schrieben sie die Drehbücher für einen Projekttag der Hoffnung gemeinsam mit der Stadtpolizei. Oder einen Kunst-Workshop im Living Museum der Psychiatrie St.Gallen, mit Fokus auf innere Stärken und Resilienz nach Rückschlägen.

Inspiriert von kindlicher Kreativität und der Lebenserfahrung älterer Menschen

Roberta Meyer besuchte mit Studienkolleginnen Kinder einer Primarschule in Rorschach. Sie gingen spielerisch an das Thema Hoffnung heran, liessen die Kinder erzählen, wofür sie dankbar sind und überlegen, was sie sich für ihre Zukunft wünschen. In einem Spiel lernten sie den Umgang mit verschiedenen Gefühlen kennen, um in schwierigen Situationen souverän (re)agieren zu können – ohne dabei sich oder andere zu verletzen. «Wir konnten viel von den Kindern lernen. Ihre unbeschwerte, offene und kreative Art bei den Spielen hat mich begeistert», sagt Roberta Meyer. «Und dass sie beim Basteln des Dankbarkeitsbaumes auch für kleine Dinge im Alltag sehr viel Wertschätzung zeigten, fand ich inspirierend. Eine warme Wohnung, dass die Eltern für sie kochen, dass sie sich beschützt fühlen von Freunden und Geschwistern», sagt die Roberta Meyer.

Ihr Studienkollege Mattia Thoma suchte gemeinsam mit einer weiteren Gruppe Zugang zu Jugendlichen im Jugendtreff Schänis. Ein Ort ohne Eltern und Schule, wo junge Leute abhängen können. Immer mehr Jugendliche wurden neugierig, was es mit der «Wall of hope» von den HSG-Studierenden auf sich hatte, und gesellten sich dazu, um über ihre Träume, Probleme und Ideen für die Zukunft zu sprechen. «Es war lässig, dass am Ende fast 30 Jugendliche freiwillig bei unserem Projekt mitgemacht haben. Sie haben sich voll eingebracht und frische Ideen kreiert.» Skiclub-Leiter Mattia Thoma fand die Erfahrung so bereichernd, dass er beschloss, langfristig im Jugendtreff Schänis mitzumachen. Er will im Gespräch bleiben und mitverfolgen, wie sich die Kids entwickeln. «In dieser Lebensphase passiert so viel und fast alles ist noch offen. Gerade dann ist es cool, Hoffnungsräume zu schaffen, die Kids zu ermutigen, ihren Weg zu gehen und kreativ zu sein. Ich möchte der Ansprechpartner für Jugendliche sein, den ich selbst gern als Teenager gehabt hätte», sagt Mattia Thoma.

Austausch zwischen den Generationen stärkt die Resilienz

Mit der Lebenserfahrung älterer Menschen machte sich eine andere Gruppe Studierender vertraut. Im Pflegeheim Heiligkreuz luden sie Betagte zu einem «Tag der Hoffnung» ein. «Es war spannend, wie unsere Gesprächspartner die Herausforderungen unserer Generation sahen. Sie haben uns ermutigt, uns nicht von Krisen, Kriegen und Klimawandel einschüchtern zu lassen und stets danach zu suchen, was wir selbst bewegen können.» Viele von ihnen teilten ihre Lebensgeschichten, die zeigten, dass auch Verluste, Krieg und Krisen mit der Zeit verwunden werden können. «Zu erfahren, was ihnen in Momenten der Verzweiflung Hoffnung gemacht hat, hat uns selbst gestärkt. Sie freuten sich auch über so junge Gesprächspartner und dass wir neugierig waren, was sie uns mitzuteilen hatten», erzählten die Studierenden.

Am Ende der Abschlusspräsentation ist der Nebel draussen verzogen, die Sonne scheint in den Seminarraum. Was die Studierenden aus ihrem Kurs mitnehmen, ist ein Stück Lebenserfahrung dank Wissenstransfer: Hoffnung entsteht, wenn Menschen ihre Stärken kennen, konstruktiv in Gruppen zusammenarbeiten und Zukunft als gestaltbar begreifen, indem sie Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. «Das sind Kompetenzen, die über das Studium hinaus wirksam sind», freut sich Dozent Andreas Krafft.

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