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Veranstaltungen - 13.06.2013 - 00:00 

Krisenkommunikation 2.0

«Krisenkommunikation ist wie ein Zahnarztbesuch: Sie ist stressig, kann schmerzvoll sein und ist naturgemäss unangenehm für die Betroffenen.» So eröffnete Prof. Dr. Christian Hoffmann den Krisenkommunikationsgipfel 2013.

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13. Juni 2013. Krisen verlangen Flexibilität von Unternehmen, Behörden, Organisationen und Politikern. In Krisenzeiten spielt die Kommunikation nach innen und nach aussen eine wichtige Rolle und kann den weiteren Verlauf entscheidend beeinflussen. CEOs, Politiker und andere Entscheidungsträger lassen sich deshalb längst von Kommunikationsexperten für Krisenzeiten trainieren.

Social Media als neue Herausforderung

Während bis vor ein paar Jahren in der Krisenkommunikation vorwiegend auf Printmedien, Fernsehen und Radio geachtet wurde, kommen mit der zunehmenden Social-Media-Nutzung neue und noch schnellere Kanäle hinzu. Durch die verbreitete Nutzung von mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets ist zudem die Publikationsschwelle gesenkt worden. Der Kreis von Menschen, die eine Nachricht in kürzester Zeit weiterverbreiten können, hat sich vergrössert. Zudem findet seit einigen Jahren eine Medienkonvergenz statt: Klassische Medien, Internet und neue Medien verschmelzen. Bei einem 24-Stunden-Betrieb verbreiten sich Informationen rasch. Und durch Interaktion wechseln die Argumente auch einmal schnell die Richtung.

Umdenken in Richtung Interaktion

Was bedeuten soziale Netzwerke und die Medienkonvergenz für die Krisenkommunikation von heute? Sind Werkzeuge wie Medien-Monitoring, Medientrainings, Krisenhandbücher, die Führung von Listen mit «Nasty Questions» für mögliche Anfragen im Zeitalter der neuen Medien überholt?

Die Kommunikationsprofis am Schweizer Krisenkommunikationsgipfel vom 12. Juni 2013 an der Universität St.Gallen waren sich nicht einig: Eine ehrliche, transparente und zeitnahe Kommunikation in Krisenzeiten sichere die Kontrolle. Spezialisierte Agenturen plädierten für ein Umdenken. Warte man mit einer Reaktion zu lange, laufe die Situation aus dem Ruder. Unternehmen – insbesondere in der Öffentlichkeit negativ behaftete Organisationen und Grosskonzerne – sehen in einer schnellen Reaktion aber auch Gefahren. Man müsse nicht immer auf alles reagieren – gerade in neuen Medien könne ein Thema zusätzlich an Gewicht gewinnen und eine unerwünschte Dynamik ausgelösen.

Organisationsinterne Abstimmungsprozesse erschweren es zusätzlich, mit dem Tempo von sozialen Netzwerken Schritt zu halten. Häufig müssen gerade kritische Themen intern abgestimmt und von Rechtsabteilungen geprüft werden. Dass derartigen Abstimmungen Zeit brauchen, kaum «transparente und klare» Antworten liefern und in einer anderen Sprache als jener von Social-Media-Nutzern verfasst sind, liegt auf der Hand.

Markenbotschafter bei Facebook und Twitter
Zum Glück hatten die Experten auch Beispiele parat, wie Krisenkommunikation funktionieren kann. Bernhard Christen von Ricola zeigte, wie es das Schweizer Traditionsunternehmen geschafft hat, seine Fans zu mobilisieren, um für ihre «Zältli» zu kämpfen. Ricola erarbeitete sich auf seiner Facebook-Seite eine Fan-Gemeinde. Ausgewählte Fans können zum Beispiel neue Ricola-Geschmäcker testen und diese über Facebook bewerten. Bei einem kritischen Facebook-Eintrag zum Thema Aspartam-Süssstoff konterten Ricola-Fans prompt und von sich aus gegen die «Aufmüpfigen».

Krisenkommunikation 2.0 befindet sich am Anfang
Die Krisenkommunikation 2.0 beginnt also weit vor einer möglichen Krise mit dem Monitoring von sozialen Netzwerken und der Erfassung von kritischen Themen. Durch proaktive Social-Media-Kampagnen kann vorgängig eine Wahrnehmung generiert werden. Bisher gibt es einzelne Hilfswerkzeuge für die Krisenkommunikation im Web 2.0, aber keine Komplettlösung. Krisenkommunikation 2.0 ist also wie die Zeit vor dem Zahnarztbesuch: Es beginnt mit der Prophylaxe, also dem täglichen Zähneputzen.

Bild: Photocase.com / kallejipp

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