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Veranstaltungen - 09.11.2011 - 00:00 

Arlie Hochschild spricht an der HSG

Die US-amerikanische Professorin Arlie Russell Hochschild gilt als eine der einflussreichsten Soziologinnen der Gegenwart. Am 14. November 2011 spricht sie an der HSG über die Vermarktung des Privatlebens.

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8. November 2011.  Viele gesellschaftliche Themen, die uns heute beschäftigen, sind von Arlie Russell Hochschild erstmals bearbeitet worden. Im Zentrum ihres wissenschaftlichen Lebens stehen die Zusammenhänge zwischen Geschlechterverhältnissen, Arbeit und Ökonomie. So prägte sie bereits Anfang der 70er Jahre den Begriff der «Emotionsarbeit», mit dem sie das «Management» von Gefühlen als zentralen Bestandteil von Dienstleistungen und damit als erwerbbares Gut erkannt hat. Am 14. November, 16.15 Uhr, spricht die Gesellschaftsforscherin an der HSG (Raum 09-114) über die Vermarktung des Privatlebens. Der englische Vortrag ist öffentlich, der Eintritt ist frei. Organisiert wird der Vortrag vom Studienangebot Gender und Diversity der HSG.

«Management» von Gefühlen im Beruf

In ihrem 1984 erschienen Buch «The Managed Heart» analysierte die an der University of California in Berkeley lehrende Professorin, was passiert, wenn Emotionen geschäftlich zum Einsatz kommen. Welche Auswirkungen hat das gezielte Einsetzen von Gefühlsarbeit, die zur Ausübung eines Jobs gehören, für das Individuum? Welche Konsequenzen hat es, wenn die gezeigten Empfindungen vom Gegenüber nicht erwidert, vom Arbeitgeber aber bezahlt werden? Untersucht hat Hochschild unter anderem die von Flugbegleiterinnen geleistete Gefühlsarbeit, die professionell mit den Bedürfnissen und Ängsten der Bordgäste umgehen müssen, um Sicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie auch mit ihrem persönlichen Empfinden professionell umgehen, um selbst dem unverschämtesten Fluggast gegenüber noch freundlich zu bleiben. Dass diese «emotionale Arbeit» zu Blockaden im Gefühlshaushalt der Betroffenen führe, sei nicht zu vermeiden, wie Hochschild kurz nach Erscheinen des Buches dem Magazin «Spiegel» sagte.

«Keine Zeit» bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Auch mit ihrer Forschung zur konflikthaft gewordenen Organisation von Arbeits- und Familienzeit ist es Arlie R. Hochschild gelungen, eine bereits heute als «soziologischen Klassiker» bezeichnete Analyse vorzulegen («Keine Zeit: Wenn die Firma zum Zuhause wird und zu Hause nur Arbeit wartet», 2002). In dreijähriger teilnehmender Beobachtung in einem US-amerikanischen Unternehmen hat sie die paradoxen Konsequenzen von Angeboten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in einer globalisierten Wirtschaftswelt untersucht. Sie zeigt auf, dass die Mitarbeitenden in einen «Kampf um die Zeit» kommen, wird doch die Arbeitszeit als der das Private dominierende Bereich wahrgenommen. Indem die Arbeit das Zuhause wird, wandelt sich die Familie zunehmend zum Arbeitsplatz.

Zuletzt beschäftigte sich Hochschild mit der Kommerzialisierung des privaten Lebens («Die Warenfront», 2004). Die Wissenschaftlerin geht darin der «Mami»-Industrie auf den Grund, welche die traditionelle Rolle der Mutter in Dienstleistungsfunktionen zerlegt und den Haushalten marktförmig anbietet: «Rechnungen bezahlen, als Gastgeberin fungieren, Reisebegleiterin spielen, «sinnliche Massagen» geben und vertrauliche Mitteilungen für sich behalten.» (Zitat Hochschild, 2004). Die Forscherin zeigt, dass die Rolle der Ehefrau und Mutter und die traditionell in diesem Bereich erwirtschafteten Güter, die Familie, Kindererziehung sowie die Entwicklung und Pflege des Zusammenlebens im Allgemeinen, als von einem ökonomischen Markt getrennte Sphäre gesehen werden. Problematisch ist dabei nicht die Kommerzialisierung an sich, sondern vielmehr die vorgefundenen Grundannahme, das scheinbar private Leben habe nichts mit dem ökonomischen Markt zu tun. Durch die hier zentrale Verschränkung von Geschlechterverhältnissen und Ökonomie erklärt Hochschild die vielfältigen Herausforderungen heutiger Gesellschaften.

Analyse gesellschaftlicher Strukturen

Der Vortrag findet im Rahmen der «KIM Lecture» statt, die der Profilbereich Kulturen, Institutionen und Märkte an der HSG organisiert. KIM untersucht die Grundlagen von kulturellen Orientierungen, gesellschaftlichen Strukturen, organisationalen Handlungszusammenhängen und ökonomischen Systemen. Dabei wird grosser Wert auf fachübergreifende Zugänge gelegt. Die Forschungsergebnisse werden in wissenschaftlichen Zeitschriften, Handbüchern und thematischen Sammelbänden publiziert.

Foto: Photocase / MissX

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