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Meinungen - 23.07.2015 - 00:00 

Erwartungen der Kunden erfüllen

Social Media ist lange kein Hype mehr, sondern Alltag. Viele Unternehmen vergeben beim Einsatz von Social Media jedoch Potentiale für ein effektives Kundenbeziehungsmanagement. Ein Beitrag von Reinhard Jung, Professor für Business Engineering an der HSG.

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23. Juli 2015. Der transaktionsorientierte Marketingansatz mit dem Fokus der Produktvermarktung wird den heutigen Konsumentenansprüchen nicht mehr gerecht. Konsumenten erwarten massgeschneiderte Produkte, individuelle Informationen und Beratung, Produktbewertungen anderer Kunden und eine hohe Wertschätzung. Die zunehmende Digitalisierung (z.B. E-Commerce, Social Media, mobile Internetnutzung) verstärkt die Konsumentenansprüche und führt zu extremen Erwartungen, die Unternehmen erfüllen müssen. Wie können Unternehmen das leisten?

Ein vielversprechender Ansatz ist Social Customer Relationship Management (SCRM), das heisst die Konsumentenkommunikation und -bearbeitung über digitale Medien wie Facebook, Twitter oder unternehmenseigene Blogs und Online-Communities. SCRM ergänzt das klassische CRM um die bisher nicht vorhandenen Möglichkeiten des Web 2.0 (z.B. Ideenentwicklung via Crowdsourcing). Statt passiv Informationen zu empfangen, nehmen die Konsumenten aktiv an der Gestaltung der Kundenbeziehungen teil – und zwar in einem (semi-)öffentlichen Raum. Darüber hinaus verspricht SCRM neue Möglichkeiten zur Generierung von (Kunden-)Wissen auf Basis der inzwischen immensen Menge an verfügbaren Informationen (Stichwort «Big Data»).

In der Praxis herrscht oft das Trial & Error-Prinzip vor

In der Praxis gibt es gegenwärtig nur wenige ganzheitliche SCRM-Ansätze – meist gilt Trial & Error. Studien zeigen, dass sich der Grossteil der Unternehmen noch nicht mit SCRM beschäftigt oder lediglich kleinere Projekte initiiert hat. Häufig fehlt das konzeptionelle Verständnis der Prinzipien Web 2.0-basierter Kommunikation und es mangelt an strategischen Zielen, wofür digitale Medien eingesetzt werden sollen, sowie an Ressourcen, Richtlinien und Kompetenzen, um digitale Medien operativ im Kundenbeziehungsmanagement einzusetzen. Schliesslich gelingt es Unternehmen häufig nicht, die enorme Menge an gewonnenen Kundendaten zu verarbeiten und den bestehenden CRM-Daten zuzuordnen.

Markenbildung und Profitabilität

Damit vergeben Unternehmen viel Potenzial. Die Projekterfahrung und wissenschaftlichen Studien des Competence Centers Social CRM der HSG liefern robuste Erkenntnisse, wie digitale Medien effektiv und effizient im Rahmen des CRM eingesetzt werden können. Zum einen zahlt SCRM auf die Markenbildung und zum anderen auf die Steigerung der Profitabilität ein.

Im Rahmen der Markenbildung hilft SCRM, ein positives Erscheinungsbild zu etablieren, eine Differenzierung im Markt zu erzielen, neue Kunden zu akquirieren sowie neue Kundensegmente zu erschliessen. Durch eine vielseitige Kommunikation kann ein hoher Kundennutzen und eine hohe Kundennähe vermittelt werden. Hierfür sollte an jedem Kontaktpunkt, unabhängig vom gewählten Kanal, ein gutes Kundenerlebnis geboten werden, das zur Vernetzung und Interaktion motiviert und schlussendlich zu einer hohen Zufriedenheit und Qualität der Kundenbeziehung führt.

Im Rahmen der Steigerung der Profilabilität dient SCRM als Hebel zur Monetisierung sowie zur Verbesserung der Effizienz bei der Kundenakquise und -bindung. Eine gezielte und persönliche Kundenansprache soll das Kaufverhalten positiv beeinflussen. Dies geschieht auf Basis von detailliertem Kundenwissen, um je nach Situation oder Anlass («Trigger») eine passende Aktion auszuführen, damit sich der Kunde mit dem Unternehmen befasst bzw. idealerweise reagiert und seine Erfahrungen z.B. über Social Media mitteilt.

SCRM bedarf eines strategischen, unternehmensweiten Ansatzes

Wie können Unternehmen diese Potenziale ausschöpfen? SCRM verlangt die Öffnung gegenüber den Konsumenten und muss als ein strategischer, unternehmensweiter Ansatz verstanden und umgesetzt werden. Dies erfordert kulturelle (Unternehmenskultur), technologische (Auswahl und Orchestrierung der Social Media/CRM-Anwendungen) und prozessuale (unternehmensintern und konsumentenorientiert) Anpassungen. All dies muss schlussendlich in einem (wahrgenommenen) Kundennutzen münden. Denn nur wenn bestehende und potenzielle Kunden einen Mehrwert für sich sehen, sind sie bereit, sich über digitale Medien mit dem Unternehmen oder anderen Konsumenten zu vernetzen, zu interagieren oder zu kollaborieren.

Bild: MMchen / photocase.de

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