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Meinungen - 18.12.2012 - 00:00 

«Das Ende der Armut»

Advent ist Spendenzeit. Armut wird so nur gelindert. Mehr bewirken könnte wirtschaftliche Freiheit als Schlüssel zu Aufstieg und Wohlfahrt, schreibt Christian P. Hoffmann.

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19. Dezember 2012. In den Wochen vor Weihnachten heisst es «Jeder Rappen zählt!», wenn wohltätige Organisationen um Unterstützung werben. Ein Ziel findet sich besonders häufig in den Spendenaufrufen von Glückskette & Co: die Linderung der weltweit zerstörerischen Folgen der Armut – Hunger, Krankheit, Umweltverschmutzung, Analphabetismus und Unterdrückung. Viele gute Gründe also für ein ziviles Engagement. Was aber können wir tun, um der Armut ein Ende zu setzen? Zum Glück hält die Forschung klare Antworten bereit.

Im späten 18. Jahrhundert erlebte Europa eine Bevölkerungsexplosion. Für den Ökonom Thomas Malthus stand fest, dass die Lebensmittelproduktion nie mit der Vermehrung hungriger Münder würde mithalten können. Not und Elend müssten die Folge sein. Damals lebten in Westeuropa 130 Millionen Menschen. Hundert Jahre später waren es schon doppelt so viele. Not und Elend blieben jedoch aus – im Gegenteil: Die Europäer wurden immer wohlhabender, gesünder und langlebiger. Wie konnte das geschehen?

Marktwirtschaftliche Aufklärung
Malthus wusste, dass sich die wirtschaftliche Produktion Europas über Jahrhunderte nur schleppend entwickelt hatte, die Einkommen stiegen kaum. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts geschah etwas Unvorhergesehenes: eine «bourgeoise Revaluation» (Deirdre McCloskey), eine Art marktwirtschaftliche Aufklärung. Erstmals setzte sich in Europa die Vorstellung durch, dass Individuen sichere Eigentumsrechte und das Recht zur freien wirtschaftlichen Betätigung haben sollten. Man erkannte, dass ökonomischer Erfolg nicht etwa moralisch verwerflich, sondern gesellschaftlich erstrebenswert ist.

Die Folge: Erfinder und Unternehmer wurde nicht mehr behindert und unterdrückt, sondern bewundert und gefeiert. Die «Industrielle Revolution» folgte auf dem Fusse und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stieg sprunghaft an. Die Manchesterliberalen in England erkämpften dann die Streichung protektionistischer Gesetze, die den Wohlstand auf kleine Machtklüngel begrenzten, und erwirkten so, dass breite Massen am europäischen Aufstieg teilhaben konnten.

Europa ist eine Art Blaupause für die Welt, denn auch heute ist die Armut der Nationen eng mit ihren Institutionen verbunden: Der Index wirtschaftlicher Freiheit des Fraser Institute bewertet jährlich die Politik von 144 Staaten. Er misst deren Rechtsstaatlichkeit, den Respekt vor individuellem Eigentum, die internationale Handelsfreiheit und die unternehmerische Freiheit in Form geringer Steuern und Regulierung. Die Ergebnisse sind eindeutig: je freier ein Land, desto reicher seine Bewohner.

Wirtschaftliche Freiheit senkt Armut
Die Rate extremer Armut liegt im freiesten Viertel der Länder bei 2,7%, im unfreiesten Viertel bei 41,5%. Das Einkommen der ärmsten 10% der Bürger in den freien Ländern ist mehr als doppelt so hoch wie das Durchschnittseinkommen der unfreien Länder. Steigert ein Land seine wirtschaftliche Freiheit, sinkt das Armutsniveau rapide ab. Besonders deutlich wird das seit dem Ende des Kommunismus: Erstmals in der Geschichte beobachten wir weltweit einen Rückgang der Armut.

In Südasien fiel die extreme Armut seit 1980 von 18% auf 3% der Bevölkerung. Milliarden Menschen im «Rest der Welt» beginnen langsam, von sicheren Eigentumsrechten, Vertragsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Freihandel zu profitieren. Und die Forschung zeigt auch: Die Bewohner wirtschaftlich freier Länder sind gesünder, leben länger, geniessen eine bessere Ausbildung, mehr Gleichberechtigung und mehr politische Freiheiten, als die Bürger unfreier Länder.

Zwei Lehren lassen sich also ziehen. Erstens: Das Ende der Armut ist möglich. Zweitens: Notwendig dafür sind nicht Spenden oder gar Entwicklungshilfe, sondern eine starke kulturelle Grundlage für freiheitliche politische Rahmenbedingungen. Die Schweiz zählt nicht von ungefähr zu den freiesten und wohlhabendsten Nationen der Welt. In Zeiten vorweihnachtlicher Grosszügigkeit mag diese Analyse kühl, vielleicht auch provokativ erscheinen – sie birgt jedoch für die Armen dieser Welt eine enorm hoffnungsvolle, ja eine frohe Botschaft.

Bild: Photocase / Tim Toppnik

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