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Meinungen - 02.02.2011 - 00:00 

Unwillkommene «neue Realität»

Für eine dem Thema «neue Realität» gewidmete Konferenz stellten die Begleitereignisse des WEF in Davos eine handfeste Mahnung dar. Ein Kommentar von Professor Simon Evenett.

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2. Februar 2011. «Die besten Pläne von Mäusen und Menschen schlagen oft fehl.» Diese Aussage, ein Zitat aus John Steinbecks Roman «Von Mäusen und Menschen», wird durch nichts besser bekräftigt als durch die Begleitereignisse von Davos 2011: Die reale Welt mischte sich unhöflich in die Medienpläne der Wirtschafts- und Politikeliten ein.

Just wenn sich die Regierungen führender Schwellenländer wie China als stabile Bestandteile der «neuen Realität» (das diesjährige Davoser Thema) darstellen, werden die Präsidenten von Tunesien und Ägypten abgesetzt. Dreissig Jahre alte Annahmen betreffend den Nahen Osten und Nordafrika werden auf den Kopf gestellt und damit das Vertrauen in diese schöne neue Welt unterlaufen.

Im noch näheren Umfeld choreografierten die europäischen Spitzenpolitiker in Davos ihre Verteidigung des Euro. Diese Botschaft wurde durch den vorzeitigen Kollaps der irischen Regierung untergraben. Es werden bald frühe Wahlen stattfinden, und man kann hoffen, dass die Neuverhandlung des Rettungspakets die Hauptforderung der Oppositionsparteien sein wird. All dies wird zu weiterer finanzieller Instabilität führen, während die europäischen Regierungen den vollen Einsatz des von ihnen mit Pauken und Trompeten lancierten Rettungsschirms vertrödeln. Wie schade, dass Davos 2011 nicht benutzt wurde, um ein verstärktes Paket europäischer Reformen zu schnüren – doch einmal mehr wurde die Substanz von plakativen Aussagen verdrängt.

Die Banker hatten ebenfalls eine klare Botschaft an die Davoser Zuhörerschaft: Lasst uns in Ruhe, wir haben genug gelitten! Die Nachricht aus London von möglichen Plänen für eine Aufteilung von Universalbanken (alias «too big to fail») wurde von den Bankern mit Unverständnis quittiert. Die letzte Woche von den CEOs vieler Banken angekündigten siebenstelligen Boni passten überhaupt nicht mit den Entbehrungen zusammen, mit denen sich viele Haushalte konfrontiert sehen.

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