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Leute - 09.11.2016 - 00:00 

Wieso gibt es wenige Frauen auf Kaderpositionen?

In der heutigen Zeit spricht man von der Gleichstellung von Mann und Frau. Den Frauen stehen quasi alle Türen offen. Trotzdem arbeiten wenige Frauen auf höheren Positionen. Wie sich dieses Phänomen erklären lässt, hat Noëmi Lellé in ihrer Dissertation aus soziologischer Sicht untersucht.

10. November 2016. In Geschäftsleitungen und Kaderpositionen von Schweizer Unternehmen sind Frauen ein ziemlich rares Phänomen – obwohl Frauen und Männer eigentlich die gleichen Rechte und beruflichen Möglichkeiten haben. «Die moderne Gesellschaft scheint demnach Mühe zu haben, Frauen in den Kaderarbeitsmarkt zu integrieren.» So die Beobachtung von Noëmi Lellé. Um dieses Phänomen zu untersuchen, hat Sie für ihre Doktorarbeit «Markt – Macht – Karriere. Frauen auf dem riskanten Weg in die Spitzenpositionen der Wirtschaft» Frauen in Kaderpositionen zu ihren Werdegängen, Herausforderungen und wie sie im Job zurechtgekommen sind, befragt.

Allgemeine Geschlechterordnung wird nicht hinterfragt
Grundsätzlich gibt es in der Schweiz ein allgemein gültiges und anerkanntes Ordnungsprinzip der Gesellschaft: die Zweiteilung in Mann und Frau. Diese Zweiteilung zeigt sich auch in der Zuschreibung von Kompetenzen, Vorlieben, Eigenschaften etc. Es entstehen Vorstellungen über die soziale Welt. Beispielsweise, dass die Frau Mutter ist und auf eine Karriere verzichtet, hingegen der Mann für eine erfolgreiche Karriere prädestiniert ist. Diese Geschlechterordnung wird im Allgemeinen nicht hinterfragt und lässt so die Einteilung in Mann und Frau und die korrespondierenden, «geschaffenen» Rollen selbstverständlich erscheinen. «Auch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung  scheint als etwas Natürliches und so nicht Hinterfragbares», sagt Lellé. Durch die Befragung hat Noëmi Lellé herausgefunden, dass Frauen auf Kaderpositionen diese Einteilung hinterfragt haben und sich daher mit Rollenverteilungen auseinandersetzen mussten. 

Selbstausschluss der Frauen

Eine zentrale Erkenntnis der Dissertation von Lellé ist, dass es durch eine bestimmte «weibliche» Selbstkonstruktion zu einem gewissen Selbstausschluss kommen kann. «Frauen ziehen unbewusst bestimmte Positionen gar nicht in Betracht und bewerben sich deshalb nicht.» Lellé empfiehlt Frauen deshalb, dass sie sich bewusst Gedanken zu ihrer Selbstpositionierung und ihren Erwartungen machen sollten. Dabei reiche Meritokratie, bei der die Geschäftsleitung oder die Kaderpositionen aufgrund der Verdienste ausgewählt wurden, nicht immer aus, um auch speziell Frauen zu integrieren. Entsprechend sieht sie auch die Herausforderung für die Schweizer Gesellschaft: Männer und Frauen müssen ihren Beitrag leisten und weniger vorgefertigte Muster im geschlechtlichen Zusammenleben übernehmen.  

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