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Leute - 01.12.2015 - 00:00 

Kreative Zusammenarbeit verstehen und fördern

Kreativität entsteht nicht aus dem Nichts. Sie entwickelt sich viel mehr bei Begegnungen zwischen Menschen, sowie zwischen Menschen und Materialien. Vermittelt wird Kreativität dabei über Techniken und Technologien. Björn Müller hat für seine Doktorarbeit ein zeitgenössisches Tanzensemble begleitet und dessen «komplizenhaften» Kreativitätsprozess analysiert.

2. Dezember 2015. Für Björn Müller war die Annahme, dass Kreativität in den Köpfen Einzelner entstehen soll, sehr unbefriedigend. Als Psychologe hatte er Lust, weiter zu forschen und schrieb sich an der Universität für das Doktorats-Programm «Organisation und Kultur» ein.

Grenzen überschreiten
In seiner Doktorarbeit «Organizational creativity as taste-making – towards a pragmatics of contemporary dance theater production» forschte Björn Müller zu „organisationaler Kreativität“. Sein Interesse galt dem gemeinsamen kreativen Prozess. In seiner Doktorarbeit hat er dies anhand der Entstehung mehrerer zeitgenössischer Tanztheaterstücke am Theater St.Gallen untersucht. Beim Contemporary Dance entwickelt sich das Stück als Zusammenarbeit vieler Beteiligter. «Kreativität entsteht in der körperlichen, materiellen und technologischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Materialien: Körper, Musik, Raum, Artefakte etc.», sagt Müller. Bei der Organisation spricht Müller auch nicht von einer Gruppe sondern von einer «Komplizenschaft». Das Ensemble mache «gemeinsame Sache», überschreite Grenzen, im positiven Sinne, und nehme Risiken auf sich: Ausprobieren, Improvisieren und Experimentieren von Beginn an bis zur Premiere und weiter bis zur Dernière, damit das Stück weiter Form annimmt und zu einem immer wieder neuen Ganzen wird.

Wie ein «Geschmacksbildungsprozess» entsteht
Bei der Theaterproduktion war Björn Müller teilnehmender Beobachter: Er tauchte ein, nahm an Proben und Trainings teil und zeichnete die Entstehung des Stücks auf Video auf. Anhand des Videos analysierte er den Prozess. Seine Erkenntnis: Kreative Zusammenarbeit ist ein individueller wie gemeinsamer «Geschmacksbildungsprozess». Künstlerische Organisationen wie eine Tanzkompanie entwickeln dabei durch die Auseinandersetzung in ihrem Tätigkeitsfeld ihre eigenen «Geschmacksleitfäden». Der Begriff des «Geschmacks» eignet sich insbesondere um die Entwicklung der Stücke zusammen mit der parallel geschehenden Entwicklung der Kreateure und ihrer Fähigkeiten beschreiben zu können.

Kreativität verstehen und entwickeln
«Entstanden ist zudem ein Erkenntnis-Werkzeug, wie Organisationen einen kreativen Prozess von A bis Z verstehen und beschreiben können», sagt Björn Müller. Er will den Diskurs über Kreativität in eine neue Richtung lenken: als Ergebnis einer organisierten Begegnung von körperlichen Akteuren und Materialien. «Niemals vollkommen planbar, lässt sich Kreativität aber durch geschickte Versuchsanordnungen, Neugier, Demut, Sorgfältigkeit im Umgang miteinander, Hoffnung und Humor entwickeln», so Björn Müllers Fazit.

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