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Hintergrund - 10.05.2019 - 00:00 

Global Trade Alert

Simon Evenett präsentierte dem St.Gallen Symposium den 24. Global Trade Alert. Der neuerliche Zollkonflikt zwischen China und den USA ist lediglich die Spitze des Eisbergs, wenn es um Protektionismus und Zölle auf globaler Ebene geht.

 

10. Mai 2019. Zu Beginn seiner Präsentation wies Professor Simon Evenett darauf hin, dass die US-amerikanische Regierung in den vorhergehenden 24 Stunden die Zölle auf chinesische Ausfuhrgüter im Betrag von 200 Mia. Dollar erhöht und dass die chinesische Regierung Vergeltungsmassnahmen angekündigt habe. Dieser Handels- und Zollkrieg hat den Nachrichtenkreislauf in letzter Zeit dominiert und scheint der grösste Elefant im Wohnzimmer zu sein; jedoch versuchte Evenett aufzuzeigen, dass dem ganz klar nicht so ist.

24. Global Trade Alert (GTA)

Seine Argumente fussen auf den Erkenntnissen aus dem 24. Global Trade Alert (GTA), einem Bericht, für den er zusammen mit Johannes Fritz verantwortlich zeichnet. Dieser Bericht ist eine forensische Datensammlung über von Regierungen auf der ganzen Welt getroffene Massnahmen bezüglich Handelsliberalisierung und -protektionismus. Der GTA hat über 20'000 Regierungsinterventionen dokumentiert, und laut IWF deckt diese Datensammlung das Gebiet am umfassendsten ab.
 

Evenett, Direktor des Schweizerischen Instituts für Aussenwirtschaft, führt ins Feld, dass diese Handels- und Zollstreitigkeiten weniger wirkungsvoll seien, als es den Anschein macht, und zwar aus drei Gründen: Das Hauptaugenmerk gilt nur den Zöllen, vermittelt den Eindruck, dass vor den «Handelskriegen» der jüngsten Zeit alles in Butter war, und bezieht sich auf eine bilaterale Handelsbeziehung, die zwar ein beträchtliches Ausmass hat, aber doch nur etwa fünf Prozent des Welthandels ausmacht.

348 kolossale Protektionsmassnahmen

Bei der Verfolgung von Protektionsmassnahmen seit 2008 bemerkte Evenett in den vergangenen zehn Jahren 348 kolossale Protektionsmassnahmen (d.h. Massnahmen, die 10 Mia. Dollar oder mehr betrafen). Lediglich sechs dieser Massnahmen sind den neuerlichen Zollschlachten der Administration Trump zuzurechnen – will heissen: Die überwiegenden Mehrzahl der sich abspielenden Handelsverzerrungen scheinen auf dem Radar gar nicht auf. «Die Action findet anderswo statt», stellt Evenett fest.
 

Zur Einführung einer neuen Liberalisierung des Welthandels müssten ein paar zentrale Themen angesprochen werden. Während einzuräumen ist, dass das gegenwärtige System mangelbehaftet ist, gibt es Strategien, die zur Schaffung einer neuen Welthandelsordnung umgesetzt werden könnten: beispielsweise die Hervorhebung der wahren Kosten, die entstehen, weil versteckte Protektionsmassnahmen das Arbeitsplatzwachstum und die Investitionstätigkeit beeinträchtigen, sowie die Identifizierung von Regierungen, denen es mit dem Abbau von Protektionsmassnahmen ernst ist.
 

Der Global Trade Alert wurde Professor Evenett 2008 nach der Finanzkrise vom 2007-2008 ins Leben gerufen, als zu befürchten war, dass die Regierungen aufs Neue Protektionsmassnahmen ergreifen würden (wie sie dies nach dem Crash von 1929 taten), um ihre Völker zu beschwichtigen und ihre Binnenwirtschaft zu retten.
 

 

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