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Forschung - 29.06.2022 - 00:00 

29. Global Trade Alert: Regierungen im Blindflug

Der neuste «Global Trade Alert» zeigt, dass ein Mangel an internationaler Zusammenarbeit im digitalen Bereich die weltweite wirtschaftliche Erholung von der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine ernsthaft gefährdet.

 

29. Juni 2022. Der 29. «Global Trade Alert»-Report von Simon J. Evenett und Johannes Fritz der Universität St.Gallen (HSG) weist darauf hin, dass ein überwältigender Bedarf an einer globalen Strategie für die digitale Regulierung besteht. Da beispielsweise Lieferketten auf digitaler Kommunikation beruhen, droht ohne eine koordinierte Strategie bei Fortsetzung der Massnahmen eine Behinderung der internationalen Erholung von den jüngsten globalen Herausforderungen.
 

Nach Ansicht der Autoren müssen Regierungen ihre Bemühungen im Rahmen der WTO oder in Bündnissen gleichgesinnter Länder koordinieren. Die letzte Bestandsaufnahme der staatlichen Interventionen im Global Trade Alert, dem wichtigen Instrument für Chancen und Wachstum, wurde vor vier Jahren veröffentlicht. Seither ist viel passiert.
 

Der neuste Bericht füllt die Beweislücke – er stützt sich auf 3000 Aufzeichnungen ordnungspolitischer Entwicklungen und über 12’000 Aufzeichnungen handelspolitischer Interventionen, die sich auf sogenannte «Sektoren der digitalen Wirtschaft» (digital economy sectors) auswirken. Keine internationale Organisation hat ein globales Mandat, um solche Informationen zu sammeln.
 

Der Bericht beleuchtet, dass der digitale Bereich entlang nationaler und regionaler Grenzen fragmentiert ist und politische Inkohärenz zu einem fragmentierten Internet führt. Eine unzusammenhängende globale digitale Wirtschaft wird Nutzer:innen Wahlmöglichkeiten nehmen, Anreize für Innovationen verringern und Handelsspannungen zwischen den Regierungen verschärfen.
 

Es können jedoch Fortschritte erzielt werden. So ist beispielsweise die Angleichung der digitalen Politik ein wichtiger Bestandteil des kürzlich angekündigten Indo-Pazifischen Wirtschaftsrahmens. Sie steht auch im Mittelpunkt der Aktivitäten des EU-US-Handels- und Technologierates und der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation.
 

Die jüngste WTO-Ministerkonferenz hat gezeigt, wie nahe wir daran waren, beim digitalen Handel einen Rückschritt zu machen. Die WTO hat Anfang dieses Monats ein Moratorium für Zölle auf «elektronische Übertragungen» nur knapp verlängert. Evenett und Fritz veröffentlichten einen Artikel zugunsten des Moratoriums und behaupteten, die von der WTO verwendete Studie sei unaufrichtig.
 

Der nun veröffentlichte Bericht spiegelt zum ersten Mal die Arbeit des Global Trade Alert (GTA) und des Digital Policy Alert (DPA) der Universität St.Gallen in einem Dokument wider.
 

Seit 2009 hat sich der Global Trade Alert (GTA) zu einer weithin genutzten Quelle für Analysen und Entscheidungen von G20-Gipfeltreffen, der WTO, Industrieverbänden, Journalist:innen, Forschenden, internationalen Organisationen und Regierungen entwickelt. Im Jahr 2016 stellte der Internationale Währungsfonds fest, dass der GTA «die umfassendste Berichterstattung über alle Arten von handelsdiskriminierenden und handelsliberalisierenden Massnahmen» bietet. Seit 2021 ist der GTA Teil der gemeinnützigen Stiftung St.Gallen Endowment for Prosperity through Trade (SGEPT).
 

Bild: Global Trade Alert (Report)

 

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