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Forschung - 16.01.2018 - 00:00 

Die Schweiz: Ein guter Grund für Chinesen, nach Europa zu reisen

Die Schweiz trägt viel zur Attraktivität Europas als Reiseziel für Chinesen bei. Aber die Zahl leicht erreichbarer Destinationen – unter anderem durch die Abschaffung von Visa, Visaerleichterungen und bessere Flugverbindungen – nimmt für chinesische Touristen weltweit rasant zu. Im Wettbewerb um deren Ferienbudgets haben Europa und die Schweiz deshalb einen zusehend schweren Stand.
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16. Januar 2018. Dies zeigt eine erste Trendanalyse aktueller Daten zum Reiseverhalten der chinesischen Bevölkerung, erhoben im Rahmen einer Domizilbefragung durch das Research Center for Tourism and Transport an der Universität St.Gallen in Kooperation mit Survey Yes (Suzhou Zhongyan Network Technology Ltd.).

Schweiz ist zweitwichtigster Grund, nach Europa zu kommen
Europa ist mit einem Marktanteil von gut 16% bei insgesamt etwas mehr als 51 Millionen internationalen Reisen (ausserhalb «Mainland China», Hong Kong, Macau und Taiwan) von Chinesinnen und Chinesen ein wichtiges Zielgebiet. Wie erste Ergebnisse einer Pilotstudie zum Reiseverhalten der chinesischen Bevölkerung zeigen, ist die Schweiz nach Frankreich – sowie vor Deutschland und Grossbritannien – der zweitwichtigste Beweggrund, nach Europa zu kommen.

An unserem Kontinent werden insbesondere die kulturelle, historische und natürliche Reichhaltigkeit sowie Vielfalt und Gastfreundschaft geschätzt. Viele Chinesen sind auch erfreut darüber, dass ein reichhaltiges Reiseveranstalter-Angebot das Reisen nach Europa bei Bedarf vereinfachen kann – dies vielleicht auch vor dem Hintergrund der negativen Dauerbrenner wie zum Beispiel die individuellen Schengen-Visa, der Schwierigkeit, in der eigenen Sprache kommunizieren zu können, sowie dem eher angespannte Preis-Leistungsverhältnis bei touristischen Kernleistungen.

Bei der Wahl zwischen zwei Kontinenten verliert Europa mehrheitlich
Das grundsätzlich rosige Bild für Europa und die Schweiz wird jedoch vor folgendem Hintergrund getrübt: In einem typischen chinesischen Reise-Entscheidungsprozess werden in gut 60% der Fälle nicht nur ein, sondern mindestens zwei potenzielle kontinentale Reiseziele evaluiert (das heisst es gibt ein «Wahlset» von mindestens zwei unterschiedlichen Kontinenten). «Und in den meisten Fällen», so Studienleiter Christian Laesser von der HSG, «verliert Europa relativ deutlich.»

In einem Wahlset beispielsweise zusammen mit Nordamerika (3,4% aller Sets) unterliegt Europa im Verhältnis von 1:2, in einem Set zusammen mit Ozeanien (4,3% aller Sets) sogar mit 1:3. Einzig im Wahlset zusammen mit Asien (exklusive Volksrepublik China und Nachbarländer; 3,3% aller Sets) besteht mit 1:1 wenigstens ein Unentschieden. Europa verliert im Entscheidungsprozess also mehrheitlich; einzig im Fall mit nur europäischen Destinationen in einem Wahlset (3,3% aller Sets) «gewinnt» Europa als Kontinent – logisch, wenn keine interkontinentale Konkurrenz evaluiert wird.

Professor Christian Laesser vermutet aufgrund einer ersten Datenanalyse, dass der immer noch herausfordernde Schengen-Visa-Prozess (im Vergleich etwa zu USA, Kanada, Australien, Neuseeland) weiterhin mitverantwortlich ist für dieses Resultat. Darüber hinaus ist der Anteil der Reisen von Chinesen, die den Besuch von Freunden und Verwandten einschliessen, in Europa am geringsten. Diese mangelnden persönlichen Beziehungen von Chinesen in Europa verringern das Reisepotenzial zusätzlich (ca. minus 10%). Hinzu kommt, dass Schengen bei den Visa nach wie vor zwischen Touristen und Besuchern unterscheidet – was bei den konkurrierenden Weltregionen längst abgeschafft worden ist und es deshalb einfacher ermöglicht, Ferienreisen mit Besuchen zu verbinden.

Bild: Fotolia/beer5020

 

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