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Forschung - 25.08.2017 - 00:00 

Bundestagswahl 2017: Empfundene Ungleichheit und Wahlverhalten

Die Deutschen unterschätzen die Ungleichheit der Vermögensverteilung erheblich. Diese empfundene Ungleichheit hängt mit dem Wahlverhalten zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Instituts für Customer Insight an der Universität St.Gallen.

25. August 2017. Die Vermögensungleichheit in Deutschland hat laut dem Statistischen Bundesamt zwischen 1998 und 2013 stetig zugenommen. Besassen die reichsten 20 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2008 66 Prozent des Vermögens, waren es 2013 73,6 Prozent. Als Vermögen wird die Summe aller Güter und Einkommen von Privatpersonen bezeichnet. Die ärmsten 20 Prozent besassen im Jahr 2013 laut Statistik sogar -1,5 Prozent. «Es gibt diesen negativen Wert, weil in der Berechnung des Vermögens auch die Schulden mitberücksichtig werden», erklärt Studienleiter Andreas Herrmann, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Direktor des Instituts für Customer Insight (ICI-HSG) an der Universität St.Gallen.

Geschätzte und gewünschte Vermögensverteilung
Die Teilnehmenden der Studie wurden zum einen danach gefragt, wie sie die Vermögensverteilung selbst einschätzen. Während das reichste Fünftel im Jahr 2013 tatsächlich 73,6 Prozent des Vermögens besass, schätzten die Befragten diesen Anteil nur auf 53,1 Prozent. Der Anteil des ärmsten Fünftels (-1,5 Prozent) wurde auf 4,7 Prozent geschätzt. Zum anderen sollten die Befragten ihre gewünschte Verteilung des Vermögens vom reichsten bis zum ärmsten Fünftel der Bevölkerung benennen. Dies ist laut den Ergebnissen der Studie keineswegs eine Gleichverteilung. «In der aus ihrer Sicht idealen Verteilung erhält das reichste Fünftel immer noch 30,2 Prozent und das ärmste Fünftel 12,8 Prozent des Vermögens», sagt Forschungsassistent Maik Walter vom ICI-HSG, der die Studie durchgeführt hat.

Kanzlerfrage und Wahlverhalten
Darüber hinaus fragt die Studie nach dem Zusammenhang zwischen geschätzter und gewünschter Vermögensverteilung und dem Wahlverhalten. Menschen, die sich eher für Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) als für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entscheiden würden, bevorzugen eine höhere Gleichverteilung. Die geschätzte Ungleichheit unterscheidet sich dagegen kaum. In Bezug auf die Parteien haben Wählerinnen und Wähler der SPD und der CDU/CSU im Durchschnitt die Tendenz, die Verteilung des Vermögens gerechter zu empfinden als diejenigen der anderen Parteien. Menschen, die die Freie Demokratische Partei (FDP) wählen, bevorzugen eine signifikant höhere Ungleichverteilung des Vermögens. «Korrelationen sind aber keine Kausalitäten», erklärt Maik Walter. «Spannend wäre deshalb auch die Frage, ob man eine bestimmte Partei wählt, weil man die Gesellschaft ungerecht empfindet und sie gerechter gestalten möchte oder ob und wie stark die Partei die eigene Meinung beeinflusst.»

Einstellung gegenüber der Presse
Ein weiterer Zusammenhang besteht zwischen der empfundenen Ungleichheit des Vermögens und der Einstellung gegenüber der Presse. Wer eine stärkere Ungleichheit empfindet, ist auch eher davon überzeugt, dass die Presse voreingenommen ist. Dieser Überzeugung sind 82,2 Prozent der potentiellen Wähler der Alternative für Deutschland (AfD). Immer noch 41,9 Prozent aller Befragten glauben, dass es die oberste Priorität der Presse ist, die Interessen von Politik und Wirtschaft zu vertreten. Nur 20,6 Prozent gehen davon aus, dass eine wahrheitsgetreue Berichterstattung das wichtigste Kriterium ist.

Für die Studie wurden 1537 Wahlberechtigte für die Bundestagswahl in Deutschland am 24. September 2017 befragt. Es handelt sich um eine repräsentative Stichprobe der Deutschen Bevölkerung nach Alter, Geschlecht und Haushaltsnettoeinkommen.

Bild: photocase / REHvolution.de

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