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Forschung - 22.08.2014 - 00:00 

Unternehmerisch studieren

Studierende in der Schweiz und in Deutschland sind im internationalen Vergleich weniger unternehmerisch als Studierende in anderen Regionen. Dies zeigt die jüngste Untersuchung des GUESSS-Projekts, für das HSG-Forschende das unternehmerische Engagement Studierender in 34 Ländern untersucht haben.

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26. August 2014. Unternehmerisch leben und Firmen gründen: Das ist nach wie vor der Traum vieler Studierender in der ganzen Welt, wie die neueste Erhebung des «Global University Entrepreneurial Spirit Students‘ Survey», kurz GUESSS, zeigt. Forschende des Instituts für Klein- und Mittelunternehmen an der Universität St.Gallen (HSG) haben die Studie geleitet. Sie befragten 7‘419 Studierende an 41 Schweizer Hochschulen und 10‘556 Studierende an 45 deutschen Hochschulen. Insgesamt wurde das unternehmerische Engagement Studierender in 34 Ländern untersucht.

Nachholbedarf gibt es in der Schweiz und in Deutschland: Fünf Jahre nach dem Studium wollen in der Schweiz 17.7% aller Studierenden unternehmerisch tätig sein. In Deutschland sind es 17.6%.

Im internationalen Vergleich sind dies die Plätze 29 und 30. An der Spitze liegt Mexiko mit einem Wert von über 60%. Industrieländer schnitten grundsätzlich schlechter ab als beispielsweise Schwellenländer. Auch österreichische Studierende sind mit 18.4% kaum unternehmerischer (Platz 28). «Es ist unbedingt anzuraten, Unternehmertum unter Studierenden weiter systematisch zu fördern», sagt Prof. Dr. Philipp Sieger, GUESSS-Projektleiter und Länderverantwortlicher Schweiz am Institut für Klein- und Mittelunternehmen an der Universität St.Gallen.

Mehr Gründer, weniger unternehmerische Absichten

Sowohl für die Schweiz als auch für Deutschland lässt sich eine interessante Entwicklung beobachten. Im Vergleich zur vergangenen Erhebung im Jahr 2011 ist der Anteil der Studierenden, welche bereits ein eigenes Unternehmen besitzen, gestiegen: In der Schweiz auf 2.2%, in Deutschland auf 4.6%.

Der Anteil derjenigen Studierenden, welche fünf Jahre nach dem Studium unternehmerisch tätig sein wollen, ist jedoch in der Schweiz von 27% (im Jahr 2011) auf 17.7% gesunken; in Deutschland liess sich ein Rückgang von 32.1% auf 17.6% beobachten (international angewandte Berechnungsgrundlage). Dabei spielen sicher auch die derzeit verbesserten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle.

Qualität statt Quantität in der Schweiz und Deutschland
Ein weiterer Erklärungungsansatz für diese Entwicklung liegt in der Rolle der «Entrepreneurship Education», der unternehmerischen Ausbildung an den Hochschulen. Der Ausbau der entsprechenden Angebote an den Universitäten und Fachhochschulen sowie die steigende Qualität derselben führen dazu, dass die Studierenden vertiefte Einblicke in die unternehmerische Laufbahn erhalten und sich ein immer realistischeres Bild davon machen können, was es bedeutet, Unternehmer zu sein. Einige Studierende scheinen sich auf Grund dessen bewusst gegen eine solche Karriere zu entscheiden.

Andere Studierende wiederum werden durch die Angebote der Hochschulen in ihrem Gründungsinteresse bestärkt und erhalten ausserdem das Wissen und die Kompetenzen, um erfolgreiche Unternehmer werden zu können. Dies führt auch dazu, dass immer mehr Unternehmen bereits während der Studienzeit gegründet werden. «Zwar wollen insgesamt weniger Studierende unternehmerisch tätig werden als noch vor ein paar Jahren; diejenigen, die es beabsichtigen, sind jedoch besser vorbereitet, haben sich insgesamt konkretere Gedanken gemacht und das Gründungsvorhaben eventuell bereits zu Studienzeiten umgesetzt», sagt Dr. Heiko Bergmann, Länderverantwortlicher Deutschland.

Unternehmerische Ausbildung an den Hochschulen scheint also zu einem Selektionsprozess zu führen, bei welchem die Anzahl der geplanten Gründungen sinkt; gleichzeitig sind die Erfolgsaussichten der geplanten oder bereits gegründeten Unternehmen als höher einzuschätzen.

Das GUESSS-Projekt

Der «Global University Entrepreneurial Spirit Students‘ Survey» untersucht unternehmerische Absichten und Aktivitäten von Studierenden. Das GUESSS-Projekt wurde 2003 am Institut für Klein- und Mittelunternehmen (KMU-HSG) an der Universität St.Gallen von Dr. Frank Halter ins Leben gerufen. Unter der Leitung des Instituts und mit Unterstützung von Ernst & Young (EY) ist das Projekt stetig gewachsen. Heute ist es eines der weltweit grössten Forschungsprojekte über Unternehmertum. An der von über 50 Forschenden mitorganisierten Erhebung 2013/2014 haben mehr als 750 Hochschulen in 34 Ländern sowie über 109‘000 Studierende teilgenommen.

Die Länderberichte für die Schweiz und Deutschland sowie der international vergleichende Projektbericht sind auf der Webseite des GUESSS-Projekts verfügbar.

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