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Forschung - 28.04.2014 - 00:00 

Umfrage zu Wirtschaftskriminalität

Welche Straftaten werden im Schweizer Wirtschaftssektor begangen? Welche Motive gibt es, welche Vorbeugungsmassnahmen greifen? Diesen Fragen ging die Forschungsgemeinschaft für Rechtswissenschaften im «Swiss Business Crime Survey» auf den Grund.

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29. April 2014. Die Firmen wurden in einer zufälligen Stichprobe aus 8180 Unternehmen ausgewählt. Finanziert wurde die Untersuchung vom Schweizerischen Nationalfonds. Die Untersuchung, welche das Forschungsteam um Professor Killias an der Universität Zürich aufnahm und an der Universität St.Gallen fertigstellte, kommt zu folgenden Ergebnissen:

Opfer von Straftaten

Insgesamt 24% der befragten Firmen berichten, innerhalb der letzten drei Jahre (2008–2010) mindestens einmal von einem Mitarbeiter geschädigt worden zu sein. Innerhalb der letzten zwei Jahre waren dies 18%. Dies ist weit weniger als die kürzlich im Pricewaterhouse Cooper (PwC) Global Economic Survey 2014 publizierten 37%. Die PwC Studie basiert auf Befragungen von nur 83 Firmen. Wohl auch darum schwankt die PwC-Opferrate von Jahr zu Jahr zwischen 17% und 37%.

Grosse Unterschiede zeigen sich im Swiss Business Crime Survey bei den Opferzahlen zwischen den verschiedenen Wirtschaftssektoren. So wurden zwischen 2008 und 2010 genau 25% der Handelsgeschäfte, aber nur 7% der Finanzfirmen mindestens einmal von einem Mitarbeiter geschädigt. Im letzten Jahr waren 14% der Handelsfirmen und 2% der Finanzfirmen davon betroffen.

Täterprofile und Motive
Im Finanzsektor zeigte sich, dass Täter tendenziell Schweizer Bürger waren, männlich, zwischen 31 und 40 Jahre alt, mit einem Lehrabschluss oder einer anderen Berufsausbildung, verheiratet, angestellt bei der nämlichen Firma seit ein bis drei Jahren, mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100‘000 Schweizer Franken. Betrug und unlauterer Wettbewerb wird laut der Umfrage am häufigsten durch männliche Mitarbeiter begangen, während im Falle des Diebstahls die Straftäter meistens alleinstehende Frauen mit einem Einkommen zwischen 50‘000 und 75‘000 Franken sind. Unlauteren Wettbewerb begehen eher Manager mit einem Einkommen von mehr als 150‘000 Franken. Sie sind gebildeter und älter als solche, die Betrug oder Diebstahl begehen.

Straftaten vorbeugen

96% der Finanz- und 94% der Handelsfirmen haben Massnahmen zur Vorbeugung von Straftaten ergriffen. Für die Ersteren sind die häufigsten Präventionsmassnahmen Hilfsmittel im Bereiche der Computersicherheit oder Software (69%) und das «Vier-Augen-Prinzip» (64,1%). Als Massnahmen in Ladengeschäften gelten Erkenntlichkeiten gegenüber Mitarbeitern (50%) sowie klare und einfache Kommunikationswege (48%). 41% der Finanzunternehmungen und 47% der Handelsgeschäfte haben nach erlittenen Straftaten neue Vorbeugungsstrategien umgesetzt.

Die Befragten fanden reguläre Kontrollen und Auditsysteme, transparente Personalpolitik, klare Mitarbeiterrichtlinien sowie die systematische Überprüfung der neuen Mitarbeiter bereits im Bewerbungsverfahren als die besten Strategien. Firmen mit einer auf Loyalität und Tradition basierenden Unternehmungskultur neigen weniger zum Einsatz von physischen- und Computer-Sicherheitssystemen, um ihre Angestellten zu kontrollieren.

Umfrageergebnisse zu Korruption

3% aller Geschäftsläden und 1% der Finanzunternehmen wurden zwischen 2008 und 2010 Opfer von Mitarbeiterkorruption. Beim häufigsten und bedeutendsten Fall von Korruption im Finanzsektor geht es um Mitarbeiter, die Klienten bestechen in der Hoffnung, dass diese beim geplanten Weggang und der Gründung einer eigenen Firma zu dieser wechseln werden. Der Bankensektor machte hauptsächlich Erfahrung mit passiver Korruption. Angestellte liessen sich von Dritten ungebührende Vorteile gewähren, dies zum Nachteil der Bank.

Diese Vorfälle wurden wegen des Reputationsrisikos für die Bank sowie wegen finanzieller Auswirkungen sehr ernst genommen. Im Handelssektor betrifft Korruption hauptsächlich Vorteilszuwendungen von oder an Konkurrenten, Lieferanten, Kunden oder Mitarbeiter. Fünf von acht Straftätern im Handelssektor waren keine Schweizer, was die Korruption in die Näher internationaler Geschäftstransaktionen rückt.

Korrupte Praktiken im internationalen Handel

Die Untersuchung berücksichtigt hauptsächlich inländische Korruptionsfälle. Weitgehend unerforscht ist bisher Korruption, wie sie Schweizer Firmen in internationalen Geschäftsaktivitäten erfahren.

Die Forschungsgemeinschaft für Rechtswissenschaft führt daher derzeit eine Untersuchung zur Korruptionsanfälligkeit von Schweizer Firmen in internationalen Geschäftstransaktionen durch. Dieses Projekt soll Erkenntnisse liefern, wie Schweizer Firmen die Widersprüche zwischen den strengen Anti-Korruptions-Standards in westlichen Ländern und den weit verbreiteten korrupten Praktiken in vielen anderen Ländern erfahren.

Bild: Photocase / Marcel Drechsler

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