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Campus - 09.06.2022 - 00:00 

Einfache Kursplanung mit «Biddit»

Um die komplizierte Vergabe von Kursen an der Uni für Studierende einfacher zu machen, haben Marc Gruener (MBI) und Micha Brugger (MBI & CEMS) ein Tool entwickelt: «Biddit». Im Interview erzählen sie unter anderem, wie es zu der Idee kam und wie es sich anfühlt, dass innerhalb kurzer Zeit schon die Hälfte der Studierenden «Biddit» nutzt. Von Studentenreporter Sven Schumann.

9. Juni 2022. Wer an der Universität St.Gallen das Assessment überstanden hat, geniesst fortan im Bachelor mehr Freiheit bei der Studiengestaltung. Bei der Wahl der eigenen Fächer wird man dabei zwangsläufig mit dem sogenannten «Bidding» konfrontiert. In verschiedenen Runden müssen Punkte auf Kurse gesetzt werden, die man im nächsten Semester besuchen möchte. Dieses Versteigerungsverfahren führt dazu, dass die Studierenden abwägen müssen, wie viele Punkte ihnen der Kurs wert ist. Das ist gerechter als das alternative «first come, first served» System, sorgt bei den Teilnehmenden aber wegen der höheren Komplexität häufig für rote Köpfe. Um diesen Vorgang einfacher zu gestalten, haben die beiden Master-Studenten im letzten Sommer das Tool «Biddit» entwickelt. Was es damit auf sich hat, durfte ich im Interview mit ihnen erfahren:

Hallo zusammen! Ganz direkt zu Beginn: Was ist Biddit?

Marc: Als HSG-Studierende kennen wir beide das Bidding aus eigener Erfahrung. Es ist kompliziert und aufwendig, dass man sich die nötigen Informationen von verschiedenen Seiten zusammensuchen und auswerten muss. Da wir beide keine Lust mehr darauf hatten, dachten wir: Lass uns ein Tool bauen, mit dem das einfach ist. Das ist Biddit.

Micha: Genau! Wir kannten die Probleme aus erster Hand und haben damit angefangen, um diese «Pain Points» herum ein Tool zu entwickeln. Zentral für uns war es, alle für die Semesterplanung benötigten Informationen zusammenzubringen und übersichtlich darzustellen, damit man sich seinen Stundenplan zusammenstellen und sicher sein kann, dass sich die Kurse zeitlich nicht überschneiden.

Wann und wie wurde die Idee geboren Biddit zu bauen?

Micha: Wir haben Anfang letzten Jahres angefangen Ideen für Projekte zu sammeln und erste Prototypen dafür zu bauen. Eine dieser Ideen, die wir sehr cool fanden und weiterverfolgen wollten, war dann im Sommer 2021 Biddit. Das Problem zu diesem Zeitpunkt war aber, dass das nächste Bidding bereits in vier Wochen startete (lacht). Wir haben dann trotzdem begonnen.

Und wie liefen diese vier Wochen von der Idee bis zum Launch ab?

Marc: Das war super intensiv! Ich hatte zu der Zeit noch ein Vollzeitpraktikum. Das bedeutet, dass ich mich direkt nach meinem Arbeitstag mit Micha in einem Call getroffen habe, um die nächsten Schritte zu planen. Dann haben wir bis in die Nacht gearbeitet. Am Ende haben wir es eine Woche nach Biddingstart gelauncht. (lacht)

Micha: Die Zeit war auf jeden Fall sehr spannend, aber wir haben auch extrem viel in dem Prozess gelernt. Wir beide hatten vor dem Beginn mit Biddit zwar bereits Programmierkenntnisse, Web Development in dem Umfang haben wir aber noch nie gemacht. Sprich wir mussten uns während der Arbeit auch noch diverse neue Technologien und Programmiersprachen beibringen. Es war also klassisches «learning-by-doing».

Marc: Das hat aber auch bedeutet, dass wir immer wieder Arbeit über den Haufen werfen und andere Lösungen suchen mussten. Gerade in der Softwareentwicklung ist das aber unserer Erfahrung nach die beste Lernstrategie.

Nun habt ihr bereits zwei Biddingphasen hinter euch. Wie fiel das Feedback aus?

Micha: Wir haben sehr positives Feedback erhalten. Das sichtbarste und eindrücklichste Feedback ist aber die Nutzerzahl: Im ersten Bidding hatten wir bereits 1500 Nutzer:innen. Im zweiten Semester dann, ohne dass wir ein einziges Mal Werbung dafür gemacht hätten, waren es bereits 4500. Das ist fast die Hälfte aller Studierenden.

Marc: Das war echt der Wahnsinn. Da sitzen zwei Typen, die finden, dass das Bidding etwas einfacher sein sollte und ein halbes Jahr später benutzt es die halbe Uni. Ich habe vorher noch nie etwas gebaut, das 4500 Leute benutzt haben.

Micha: Dann siehst du plötzlich Leute im Bus oder in der Vorlesung, die ihren Laptop aufklappen und Biddit benutzen. Das ist schon echt ein cooles Gefühl.

Screenshot Biddit
Biddit zeigt den Usern alle relevanten Informationen der gewählten Kurse und ob sich diese überschneiden. Damit wird das mühsame Planen auf Papier oder in eigenen Excel-Tabellen überflüssig.

Biddit ist gratis. Wolltet ihr damit kein Geld verdienen?

Micha: Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, mit Biddit Geld zu verdienen. Als wir gesehen haben, dass das tatsächlich genutzt wird, haben wir uns natürlich schon über eine mögliche Monetarisierung unterhalten aber dann auch ziemlich schnell wieder verworfen.

Marc: Natürlich kommt dann kurz der «HSGler» in einem hervor und fragt sich, wie man damit Geld verdienen kann (lacht). Am Ende war es aber nie das Ziel von Biddit, damit Geld von Studierenden zu verdienen und dabei wollten wir es auch belassen.

Micha: Insgesamt hat es uns ganz viele Türen geöffnet und viele Gespräche gestartet. Das Projekt war für uns deshalb wirklich «wholesome»!

Und wie geht es mit dem Projekt weiter?

Micha: Die Zeit an der HSG ist jetzt für uns beide bald vorbei. Wir wollen aber unbedingt, dass Biddit für die Studierenden erhalten bleibt. Darum sind wir momentan mit der SHSG im Gespräch wie es dort weitergeführt werden kann.

Marc: Uns ist sehr wichtig, dass das Angebot bestehen bleibt, um den Studierenden das Leben ein Stück einfacher zu machen, indem sie sich auf die coolen Aspekte des Bidding konzentrieren können. Mit der SHSG wäre der Gedanke «von HSG’lern für HSG’ler» weiter erhalten. Gleichzeitig hoffen wir auch mit dem Projekt andere Studierende zu animieren, ebenfalls Ideen anzugehen und umzusetzen, auch wenn sie nicht alle Antworten am Anfang bereits haben.

Dass die Studierenden von der Lösung begeistert sind, überrascht mich nicht. Aber wie kommt das Projekt bei der Uni an? Es ist ja ein Stück weit auch eine Kritik an ihrem System.

Marc: Sehr gut! Wir haben bei der Entwicklung von Biddit auch sehr viel Unterstützung von der HSG erhalten, z.B. von Prof. Dr. Simon Mayer. Außerdem entwickelt die Uni aktuell ein neues Bidding System. Wir sind nun Teil des Projektteams und können dort unsere Learnings einbringen. Für uns ist das sehr spannend, weil wir dadurch auch einen ganz anderen Einblick in die Prozesse erhalten.

Micha: Zusammenfassend sind wir extrem zufrieden, was sich aus dieser initialen Idee entwickelt hat und hoffen natürlich, dass wir damit auch andere inspirieren können, ihre Ideen einfach mal umzusetzen. Ausser ein paar Nächten Schlaf hat man ja nichts zu verlieren (lacht).

Danke für das Interview!

Sven Schumann studiert International Affairs im 6. Semester.

Bild: Marc Gruener (links) und Micha Brugger (rechts) absolvieren beide den Master in Business Innovation an der HSG. Die geteilte Begeisterung für Software-Entwicklung verbindet sie. Das dafür nötige Wissen haben sie sich im Selbststudium beigebracht.

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