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Campus - 12.07.2021 - 00:00 

Folgen der Pandemie: 30 Millionen weniger Wertschöpfung durch die HSG im Kanton

Ende Mai hat die Universität St.Gallen (HSG) zum siebten Mal eine Studie zu ihren regionalen Effekten publiziert. Demnach betrug ihre Wertschöpfung für den Kanton St.Gallen im Jahr 2019 276,5 Millionen Schweizer Franken. Nun zeigt eine Sonderauswertung der monetären Effekte für 2020 die Folgen von COVID-19 auf: Die monetäre Wertschöpfung sank innert Jahresfrist um gut 30 Millionen auf 246 Millionen Franken. Hauptursache sind tiefere Kaufkrafteffekte der Studierenden, die aufgrund des Fernunterrichts nicht vor Ort waren. Die Auswertung zeigt eindrücklich auf, welche Folgen eine Abkehr vom Prinzip der «Präsenzuniversität» für den Kanton haben könnte.

12. Juli 2021. Die Ende Mai publizierte Studie «Regionaler Impact der Universität St.Gallen im Jahr 2019» hat einen rekordhohen Wertschöpfungsbeitrag der Universität von 276,5 Millionen Franken für den Kanton ermittelt. Allerdings hat die Pandemie 2020 für einen starken Dämpfer gesorgt. Wie eine Analyse der monetären Effekte der HSG für den Kanton zeigt, ist die Wertschöpfung 2020 um gut 30 Millionen Franken zurückgegangen. Dieser Wert wurde mittels eines komplexen Wirkungsmodells errechnet, basierend auf Umfragen unter Studierenden und internen Weiterbildungsanbietern sowie unter Berücksichtigung der Verschiebungen im Budget der Universität. Hauptgrund für den Rückgang ist die Umstellung auf Fernunterricht in Lehre und Weiterbildung und ihre Folgen.

Weniger Studierende wohnen im Kanton

Der Fernunterricht hat eine Reduktion der im Kanton wohnhaften Studierenden bewirkt. Gemäss repräsentativer Befragung im März 2021 wohnen normalerweise rund 82 Prozent der HSG-Studierenden im Kanton. Während des Fernstudiums waren es nur etwa 52 Prozent. Allerdings behielten die meisten weggezogenen Studierenden ihre Wohnungen in St.Gallen, obwohl sie 2020 mehrheitlich woanders wohnten. Als wichtigste Gründe für die Veränderung des Wohnorts nannten die befragten Studierenden das Bedürfnis, näher bei Familie, Freund:innen sowie Partner:innen zu sein. Immerhin wollen rund zwei Drittel der Studierenden, die ihren Wohnort verlegt haben, mit der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts nach St.Gallen zurückkehren.

Tiefere Lebenshaltungskosten

Wenn Studierende nicht in St.Gallen wohnen, fällt der Grossteil ihrer Lebenshaltungskosten woanders an. Dadurch entgeht dem Kanton Kaufkraft. Zudem gaben 70 Prozent der Studierenden an, während der Pandemie weniger Geld ausgegeben zu haben. Dies insbesondere für Freizeit (-59 Prozent), Konsum wie etwa Bekleidung (-29 Prozent), Mobilität (-23 Prozent), Wohnen sowie Lebensmittel/ Verpflegung (je -19 Prozent). In Summe reduzierten sich ihre Lebenshaltungskosten um 21 Prozent. In Kombination führte dies zu einer deutlichen Abnahme der Kaufkrafteffekte der Studierenden im Kanton St.Gallen um knapp 20 Millionen Franken – von 127,3 Millionen (2019) auf 107,7 Millionen. Das dürften insbesondere Gastronomie und Gewerbe gespürt haben. Die volkswirtschaftliche Bedeutung einer «Präsenzuniversität» für ihren Standortkanton wird hier deutlich.

Weniger Veranstaltungen und Weiterbildungen vor Ort

Aufgrund von COVID-19 litt das Veranstaltungsgeschäft erheblich und auch die Weiterbildungen waren betroffen: Einige wurden verschoben, andere fanden online statt, was sich insbesondere für die Hotellerie negativ auswirkte. Aufgrund der Pandemie sanken die durch die HSG ausgelösten Übernachtungen um rund 20'000 auf 15'700, was etwa 11 Prozent aller Logiernächte in der Stadt St.Gallen entsprach (2019: 15 Prozent). Zwar ging die Zahl der Veranstaltungen nur um einen Drittel zurück (von rund 300 auf 200), doch waren vor allem grosse Veranstaltungen von Restriktionen betroffen: Absagen, Kapazitätsbeschränkungen und weniger internationale Teilnehmende sorgten für eine deutliche Abnahme der Teilnehmendenzahl von rund 30'000 auf 10'000. Betrachtet man die Teilnehmertage im Kanton St.Gallen (Veranstaltungen mal Anzahl Teilnehmende vor Ort), zeigt sich ein massiver Rückgang von knapp 80'000 auf rund 23'000. Die direkten Effekte aus der Weiterbildung sanken insgesamt um fast zwei Drittel: Von 8,7 auf 3,1 Million Schweizer Franken.

Budget der Universität: Geringe Auswirkungen

Nur geringe Auswirkungen hatte die Pandemie hingegen auf das konsolidierte Budget der Universität. Dies lag 2020 gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Millionen Franken tiefer (240,9 Millionen Franken). So gingen die Sachkosten der Universität um über 10 Millionen Franken zurück, trotz Mehrausgaben für den Fernunterricht (technische Ausstattung, Software-Lösungen) sowie die notwendigen Hygiene-Massnahmen auf dem Campus. Rückläufig waren auch die Studiengebühren und insbesondere die Einnahmen aus der Weiterbildung (minus 8,5 Millionen Franken), wobei auch die entsprechenden Ausgaben sanken. Insgesamt zeigt sich, wie wichtig Präsenzveranstaltungen in Lehre und Weiterbildung für die HSG sind: nicht allein aus didaktischen Gründen, sondern auch im Hinblick auf die monetären Effekte für den Kanton. Die Entwicklungen 2020 zeigen deutlich die erheblichen regionalwirtschaftlichen Einbussen. Längerfristig dürften auch negativen Auswirkungen auf die übrigen Effekte (z.B. regionaler Arbeitsmarkt, Wissenssystem, Image) spürbar sein.

Hintergrund der Sonderauswertung

Die im Mai 2021 publizierte Erhebung zu den regionalen Effekten der HSG im Jahr 2019 war bereits die siebte entsprechende Studie. Dabei wurde die Methodik erstmals dem Business School Impact Survey (BSIS) der internationalen Hochschul-Akkreditierungsorganisation EFMD angepasst und der räumliche Bezugsrahmen auf den Kanton St.Gallen ausgeweitet, um der Eigentümerstruktur der HSG Rechnung zu tragen. Neben den monetären Effekten wurden auch Effekte auf den regionalen Arbeitsmarkt, die Unternehmensentwicklung, das kantonale Wissenssystem sowie das regionale Ecosystem und Image ermittelt. Die nun publizierte Sonderauswertung für 2020 betrachtet hingegen nur die monetären Effekte. Eine neue vollständige Studie zu den regionalen Effekten der HSG wird voraussichtlich Ende 2022 erscheinen.

Der ganze Bericht kann auf der Website der Universität St.Gallen heruntergeladen werden.

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