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Campus - 06.04.2017 - 00:00 

«Alles über Beziehungen». Doris Knecht liest in der Universitätsbibliothek

Zum 15-Jährigen Jubiläum der Reihe «Das andere Buch an der Uni» las die österreichische Schriftstellerin und Kolumnistin Doris Knecht am 5. April 2017 aus ihrem neuen Roman «Alles über Beziehungen». Eine amüsante und nicht minder böse Geschichte über einen sexsüchtigen Mann, der nicht erwachsen werden möchte. Dana Sindermann berichtet.

7. April 2017. Voll Verve betritt die Schriftstellerin Doris Knecht die Lesebühne unter der Kuppel der Bibliothek. Unter ihrem lockigen, braunen Pagenkopf blitzt eine dunkelblaue Brille mit dickem Rand hervor. Über diesen wirft die Autorin nur selten und vorsichtig einen Blick ins gefüllte Auditorium. Zumindest am Anfang der Lesung. «Ich habe schon öfter in der Schweiz gelesen, und das Schweizer Publikum lacht nicht so viel,» erklärt Knecht später ihre anfängliche Zurückhaltung.

Aber dann kommt Viktor auf die Bühne, der Protagonist von Knechts neuem Roman «Alles über Beziehungen». Viktor ist, wie man hört, ein «durchschnittlicher, normaler Mann»: zweifach geschieden, in dritter Ehe lebend, Vater von fünf Töchtern und mit fast Fünfzig just Intendant eines Theaterfestivals geworden. Vor allem aber interessiert Viktor sich für Frauen. Er interessiert sich unendlich für sie. Und das lässt er sich ärztlich attestieren. Denn so ist er fein raus, er kann nichts dafür. Er ist einfach, so die Diagnose, hypersexuell. Und die Frauen spielen, mal mehr, mal weniger, mit.

Beziehungsmodelle moderner Menschen

Das Selbstverhältnis und die Beziehungsmodelle moderner Menschen sind Thema des Romans. Leichtfüssig und belustigend wirft der Roman folgende Fragen auf: Was ist Treue, was ist Betrug in einer Beziehung? Was heißt es, Verantwortung zu übernehmen, für sich, für andere? Gibt es die perfekte Beziehung überhaupt? Und wie sähe sie aus?

Der ungenierte Tonfall, mit dem Knecht diese Themen aufgreift, auch ihre lässige Art vorzulesen, kommt beim St.Galler Publikum gut an. Davon lässt sich wiederum die Autorin inspirieren. Schon blickt sie öfter über die dicken Ränder ihrer Brille. Erfreut sich der amüsierten Gesichter, lacht mit und gibt sich noch stärker dem Rhythmus der Sprache hin, spielt noch mehr mit ihrer Vorlesestimme. «Ein konzentriertes, mitmachendes Publikum mag ich gern», sagt Knecht. Ohnehin gefällt ihr der ungewöhnliche Raum mit der gläsernen Kegelkuppel.

Nach der Lesung konnte das Publikum der Autorin Fragen stellen. «Der Protagonist ist männlich. Wie können Sie sich in die Figur hineinversetzen?», interessierte sich eine Zuhörerin. Als Schriftstellerin und Kolumnistin sei sie seit langem im Kulturbetrieb unterwegs, sagt Knecht, und da liesse sie sich von den Figuren inspirieren. Viele Männer reagierten übrigens betroffen und fänden sich wieder. Auch Frauen erkannten sich. Doris Knecht ist eine kluge Beobachterin, die furchtlos aufschreibt und nicht moralisiert.

Dana Sindermann ist wissenschaftliche Assistentin am Institut für Wirtschaftsethik.

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