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Campus - 08.04.2022 - 00:00 

Masterstudierende simulieren Parlament

Unter dem Titel «HSG im Bundeshaus – Rechtsetzung in Theorie und Praxis» haben 15 Masterstudierende einen aktuellen Rechtsetzungsprozess simuliert. Beim zweitägigen Besuch im Bundeshaus standen zudem Gastreferate und ein Treffen mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter auf dem Programm.

8. April 2022. Die Durchführung des speziellen Masterkurses an der HSG stiess Ständerat Andrea Caroni an. Während seines Studiums in den USA wurde er an der Universität Harvard auf einen Kurs aufmerksam, der einen praxisbezogenen Besuch im Parlament zum Inhalt hatte. «Er war unter den Studierenden so beliebt, dass nur wenige einen Platz ergattern konnten», erklärt der Ausserrhoder Rechtsanwalt und Politiker.

Praxisnaher Einblick in die Mechanismen der Rechtsetzung

Andrea Caroni fand die Idee, dass Studierende einen persönlichen Einblick in die Praxis der Verwaltung und des Parlamentes erhalten und sich gleichzeitig in Textredaktion und Debatte schulen können, so bestechend, dass er ein ähnliches Vorhaben in der Schweiz lancieren wollte. Auch erfuhr er, dass es an der HSG im Strafrecht bereits eine Lehrveranstaltung gibt, in deren Mittelpunkt ein realer Straffall steht, der in einem sogenannten Moot Court (fiktives Gericht) verhandelt wird. In Stefan G. Schmid, Professor für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Verfassungsrecht an der Universität St.Gallen, fand er schliesslich einen Dozenten, der von der Idee begeistert war, seinen Studierenden einen praxisnahen Einblick in die Mechanismen der Rechtsetzung auf Bundesebene zu bieten.

Gemeinsam lancierten der Ständerat und der HSG-Professor den Masterkurs «HSG im Bundeshaus – Rechtsetzung in Theorie und Praxis». Nachdem der Kurs aufgrund der Corona-Pandemie die letzten zwei Jahre online stattfand, konnte nun in der ersten Aprilwoche zum ersten Mal ein Teil der Veranstaltung direkt im Bundeshaus in Bern durchgeführt werden. Im Vorfeld hatten die 15 Kursteilnehmenden die Aufgabe erhalten, in der Rolle der Bundesverwaltung den Erlassentwurf samt einer Botschaft zu einem aktuellen politischen Geschäft zu formulieren. Die Wahl fiel auf die Einführung der Gesetzesinitiative auf Bundesebene, ein von Nationalrätin Gabriela Suter initiiertes Geschäft, das zurzeit noch hängig ist.

Zweitägige Debatte in den Räumlichkeiten des Bundeshauses

Mit dem ausformulierten Erlassentwurf reisten die 15 Studierenden am vergangenen Montag nach Bern. Während zweier Tage debattierten sie im Bundeshaus in den ihnen zugewiesenen Rollen der Verwaltung und des Parlamentes über den ausformulierten Inhalt ihrer Arbeiten. Im Zentrum stand dabei die Simulation des parlamentarischen Prozesses. Die Teilnehmenden diskutierten zuerst in Gruppen («Fraktionen») und danach den ausgewählten Erlassentwurf gemeinsam als «Plenum» einer ständerätlichen Kommission.

Auf dem Programm standen aber auch ein Treffen mit der Initiantin, Nationalrätin Gabriela Suter, und Gastreferate von Michael Schöll, Direktor des Bundesamts für Justiz, Ruth Lüthi, stellvertretende Kommissionssekretärin der Staatspolitischen Kommissionen, Vizekanzler André Simonazzi, Ständeratspräsident Thomas Hefti und Nationalrat Beat Walti. Einer der Höhepunkte während des Aufenthaltes in Bern war zudem ein Treffen samt Fragerunde mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Sie empfing die HSG-Masterstudierenden im Salon de la Présidence neben dem Bundesratszimmer, das die Studierenden als weiteres Highlight ebenfalls betreten durften.

Auf die beiden Tage in Bern folgten zwei weitere Kurstage an der Universität St.Gallen, an denen die Studierenden Themen der Rechtsetzung und des Parlamentsrechts fachkundig präsentierten und lebhaft diskutierten. Unter anderem warfen sie Fragen zur Qualität der Gesetzgebung, zu den Eigenheiten der Gesetzessprache, zu den Herausforderungen der Mehrsprachigkeit, zum Einfluss von Lobbying sowie zum Not- und Dringlichkeitsrecht auf.

Studierende mit Engagement und Herzblut bei der Sache

Laut Andrea Caroni waren die Studierenden laut deren Rückmeldungen vom Besuch im Bundeshaus begeistert. Zu erleben, mit wieviel Engagement und Herzblut die Studierenden die Aufgabe angepackt hätten, sei für ihn das schönste Feedback gewesen. Für Stefan Schmid ist klar, dass der Kurs auch künftig angeboten werden soll. «Das Kursprogramm ist schweizweit einmalig und stellt für die Studierenden ein einzigartiges Erlebnis dar», betont der HSG-Professor. Der Kurs mache sie mit den praktischen Abläufen des parlamentarischen Verfahrens bekannt und biete gleichzeitig die Gelegenheit, die theoretischen Grundlagen der Rechtsetzung zu vertiefen und sich in Textredaktion und mündlicher Argumentation zu schulen.

Text: Claudia Schmid

Bild: HSG im Bundeshaus

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