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Forschung - 08.12.2021 - 00:00 

Crowdsourcing in der Finanzwelt: Bestnote für HSG-Forschende

Andrea Barbon und Angelo Ranaldo (s/bf-HSG) nahmen als eines von insgesamt 164 Forschungsteams weltweit am sogenannten Fincap-Projekt teil und trugen bei zur ersten crowdsourcing-basierten empirischen Publikation im Bereich Wirtschaft und Recht.

8. Dezember 2021. Anfang dieses Jahres hatten Forscherteams der Stockholm School of Economics, der Universität Innsbruck und der Vrije Universiteit Amsterdam die Idee, die erste empirische Publikation im Bereich Wirtschaft und Finanzen durch Crowdsourcing zu schaffen. Derselbe Datensatz wurde im Januar 2021 an Forschungsteams in aller Welt verteilt, von diesen anhand derselben sechs empirischen Fragen analysiert und die Ergebnisse später im Juni 2021 eingereicht.

164 Forschungsteams nahmen am Projekt teil, das den Handel von «Eurostoxx 50 futures» von 2002 bis 2018 an der Deutschen Börse untersuchen sollte. Die Teams reichten ihre Ergebnisse anonym ein und die Arbeiten wurden von renommierten WissenschaftlerInnen begutachtet, die nicht in Forschungsteams beteiligt waren. Das Forschungsteam von Andrea Barbon und Angelo Ranaldo vom Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen (s/bf-HSG) wurde als eines der fünf besten Teams eingestuft. Die Arbeit erhielt von den JurorInnen die Bestnote.

Crowdsourcing in der Forschung

Andrea Barbon weist darauf hin, dass ähnliche Studien bereits in anderen Disziplinen wie Psychologie, Neurowissenschaften und Soziologie durchgeführt worden sind. Er glaubt, dass ähnliche Projekte wie das Fincap-Projekt in ein zukunftsweisendes Crowdsourcing-Modell in der Forschung einführen werden – nicht nur im Banken- und Finanzwesen, sondern auch in Projekten der Sozialwissenschaften.

Crowdsourcing habe den Vorteil, dass der Prozess offenlegt wird. Sichtbar wird, wie verschiedene Forschende die Analyse durchführen, so Barbon. Studien, die mit einer Crowdsourcing-Komponente konzipiert werden, könnten den Forschenden in Zukunft ein breiteres und zuverlässigeres Bild der Fragen vermitteln, welche die Studie beantworten soll. Andrea Barbon ist auch der Meinung, dass Forschungsprojekte, die von einer grossen Anzahl Personen durchgeführt werden, mehr Licht auf den wissenschaftlichen Prozess selbst werfen und zu dessen Verbesserung führen können.

Hinsichtlich des Studiendesigns erklärt Andrea Barbon: Der grösste Nachteil dieser Art von Studien liege darin, dass sie weniger effizient als herkömmliche Studiendesigns seien. Wenn eine grosse Anzahl von Forschenden am selben Thema arbeitet, werden weniger Fragen durch die Forschung selbst beantwortet. Dies könne kurzfristig die wissenschaftliche Entdeckung verlangsamen, die Erkenntnisgewinnung aber werde langfristig zuverlässiger und letztlich schneller.

Spitzenreiter unter Gleichrangigen

Insgesamt wurden 34 Gutachter aus einem Pool erfahrener FinanzprofessorInnen ausgewählt, die keinem der 164 Forschungsteams angehörten. Jede eingereichte Arbeit wurde von zwei Fachpersonen geprüft, nach dem Zufallsprinzip unter den verfügbaren Gutachtern aufgeteilt. Die von Andrea Barbon und Angelo Ranaldo eingereichte Arbeit erhielt die höchste Punktzahl.

Einer der Faktoren, die wahrscheinlich zum Erfolg der HSG-Arbeit beigetragen haben, war ihre Auswertung der gesamten Datenstichprobe – welche das Forschungsteam vom s/bf-HSG als einzige Gruppe durchführte. Barbon und Ranaldo entwickelten ausserdem einen Algorithmus zur Rekonstruktion von Variablen, die auf der Theorie der Markt-Microstruktur beruhen. Dank dieses Algorithmus war ihre Analyse in der Lage, alle verfügbaren Informationen auszuwerten.

Die Publikation der beiden HSG-Forschenden findet sich hier. Mehr zum Fincap-Projekt unter: www.fincap.academy

Bild: Unsplash / Annie Spratt

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